home Panorama, Wirtschaft Nach Triebwerksbrand bei Boeing 777: Japan und Großbritannien verhängen Flugverbote

Nach Triebwerksbrand bei Boeing 777: Japan und Großbritannien verhängen Flugverbote

Nach dem Triebwerksausfall einer Boeing 777 unweit von Denver im US-Bundesstaat Colorado hat die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA Konsequenzen angekündigt. Maschinen dieses Typs, die mit Triebwerken vom Typ PW4000 des Herstellers Pratt & Whitney ausgestattet sind, sollten sofort und verstärkt überprüft werden, teilte FAA-Chef Steve Dickinson mit und kündigte eine entsprechende Notfall-Richtlinie an. „Dies wird wahrscheinlich bedeuten, dass einige Flugzeuge aus dem Verkehr gezogen werden müssen.“ Boeing teilte indes mit, vollständig mit der FAA zu kooperieren.

FAA: Inspektionsintervalle für Triebwerke erhöhen

INFO-BOX:
Boeing 777
Die Boeing 777 ist das größte zweistrahlige Großraum-Langstreckenflugzeug der Welt. Je nach Typ können bis zu 550 Passagiere aufgenommen werden. Der Erstflug der Grundversion Boeing 777-2000 fand am 12. Juni 1994 statt. Erstkunde war United Airlines mit 34 Maschinen. Mit Stand Ende Januar wurden bisher 1.656 von 2.020 bestellten Flugzeugen dieses Typs ausgeliefert. Die Boeing 777 ist vergleichbar mit der Boeing 787 sowie den Airbus-Modellen A330 und A350.
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Die Maschine der United Airlines hatte am Samstag kurz nach dem Start in Denver Teile des rechten Triebwerks verloren. Diese stürzten in den Vorgarten eines Wohnhauses und auf einen Sportplatz in der Ortschaft Broomfield kurz vor Denver. Glücklicherweise ging die Sache glimpflich ab. Weder an Bord der mit 241 Personen besetzten Maschine mit Ziel Honolulu noch am Boden gab es Verletzte. Auch bei einer Boeing 747 in den Niederlanden gab es einen Zwischenfall. Hier verlor eine Cargo-Maschine kurz nach ihrem Start in Maastricht Metallteile. In der betroffenen Maschine ist derselbe Triebwerks-Typ verbaut. Ob ein Zusammenhang besteht, ist allerdings noch nicht geklärt.

Unterdessen kündigte das japanische Verkehrsministerium vorsorglich ein Flugverbot für alle mit den betroffenen Triebwerken ausgestatteten Flugzeuge im eigenen Land an. Betroffen sind danach 13 Maschinen der Fluglinie Japan Airlines sowie 19 Flugzeuge der Linie All Nippon Airways. Auch Großbritannien gab am Montag bekannt, seinen Luftraum für 777-Maschinen mit dem betroffenen Triebwerkstyp vorerst zu sperren. In Zusammenarbeit mit der Flugaufsichtsbehörde wolle man die Situation weiter beobachten, schrieb der britische Verkehrsminister Grant Shapps auf Twitter. Die europäische Luftfahrtbehörde EASA teilte mit, sie sei in Kontakt mit der FAA. Man habe um weitere Informationen gebeten, um gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen.

Inzwischen habe eine erste Überprüfung gezeigt, „dass die Inspektionsintervalle für die hohlen Lüfterflügel erhöht werden sollten“, so Dickinson. Diese seien bei dem betroffenen Triebwerksmodell einzigartig und nur beim Typ 777 verbaut. United Airlines teilte mit, man nehme als Sofortmaßnahme freiwillig alle 24 aktiven Boeing 777-Flugzeuge mit den betroffenen Triebwerken von Pratt & Whitney aus dem Flugplan. Man wolle sicherstellen, dass diese Flugzeuge die strengen Sicherheitsstandards erfüllen, ehe man sie wieder in Betrieb nehme. Derzeit habe man 52 dieser Maschinen in der Flotte – 24 aktiv und 28 im Lager.

Boeing leidet unter Abstürzen und Corona

Für Boeing sind die neuerlichen Probleme ein weiterer Schlag. Nach zwei Abstürzen mit mehreren Hundert Toten galt fast zwei Jahre lang ein Flugverbot für die Maschinen vom Typ 737 MAX. Boeing musste die Software der Steuerungstechnik überarbeiten. Bis zu den Abstürzen war die Maschine der Verkaufsschlager des Konzerns gewesen. Außerdem leidet der Konzern besonders stark unter der Corona-Krise. Als der Luftverkehr im vergangenen Jahr praktisch zum Stillstand kam, stornierten zahlreiche Fluggesellschaften ihre Bestellungen. Mehr als 1.000 Aufträge habe man aus den Büchern streichen müssen, hieß es von Boeing. In der Bilanz für 2020 steht ein Minus von knapp zehn Milliarden Euro. Dies ist der größte Verlust in der mehr als 100-jährigen Unternehmensgeschichte.