Das Coronavirus ist nach Angaben einer Studie von Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und deren Kollegen aus China vermutlich von Fledermäusen über ein anderes Tier auf den Menschen übergesprungen. Dieser Übertragungsweg sei „wahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich“, hieß es in einem am Montag in Genf vorab veröffentlichten Berichtsentwurf. Die These, wonach das Virus aus einem Labor entwichen sein, bezeichneten die Wissenschaftler hingegen als „extrem unwahrscheinlich“. Diese Vermutung hatte unter anderem der frühere US-Präsident Donald Trump geäußert.
1. Labor-Ursprung nahezu ausgeschlossen
2. Teamleiter: „Politik stand immer im Raum“
3. Berichts-Entwurf vorab von Diplomat durchgestochen
Labor-Ursprung nahezu ausgeschlossen
Die These von der Übertragung von der Fledermaus über einen Zwischenwirt auf den Menschen kursiert bereits seit Beginn der weltweiten Pandemie. Die Forscher führen in ihrem noch unveröffentlichten Bericht vier Szenarien auf. Demnach kommen sie zu dem Schluss, dass eine Übertragung über eine zweite Tierart auf den Menschen wahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich sei. Eine direkte Übertragung von Fledermäusen auf den Menschen stufen sie als wahrscheinlich ein. Eine Übertragung über gefrorene oder gekühlte Lebensmittel halten sie hingegen für möglich, aber nicht wahrscheinlich. Abschließend gilt für sie die Labor-These als nahezu ausgeschlossen. Die internationalen Experten aus verschiedenen Disziplinen wie Zoologie oder Epidemiologie hatten im Januar in Wuhan für mehrere Wochen nach dem Ursprung der Pandemie gesucht. Dort hatte man Ende 2019 die ersten Corona-Infektionen bei Menschen registriert. Mittlerweile wurden weltweit über 127 Millionen Ansteckungen nachgewiesen, mehr als 2,78 Millionen Infizierte starben.
Teamleiter: „Politik stand immer im Raum“
Weltgesundheits-organisation (WHO) |
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Die Weltgesundheits-organisation (WHO) ist die Koordinationsbehörde der Vereinten Nationen für das internationale öffentliche Gesundheitswesen. Sie wurde am 7. April 1948 gegründet und zählt heute 194 Mitgliedsstaaten. |
Die Untersuchung ist generell politisch heikel. Die etwa ein Dutzend Experten durften erst nach langwierigen Verhandlungen nach China einreisen. WHO-Teamleiter Peter Ben Embarek deutete zudem spezielle Arbeitsbedingungen vor Ort an. In einem Interview mit der Zeitschrift „Science“ sagte der dänische Wissenschaftler, „die Politik stand immer im Raum“. Die bis Januar amtierende Trump-Regierung warf der WHO zudem vor, eine Marionette Chinas zu sein. Auch Trumps Nachfolger Joe Biden äußerte bereits Zweifel an der Transparenz des Berichts und forderte von China mehr Informationen. Peking hob indes hervor, dass die WHO-Mission in Wuhan nur dank Chinas wissenschaftlicher Zusammenarbeit möglich gewesen sei.
Berichts-Entwurf vorab von Diplomat durchgestochen
Auch der Generaldirektor der WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus, hält weitere Studien zum Ursprung des Coronavirus für nötig. Alle Hypothesen seien weiter offen und müssten weiter untersucht werden. Der Abschlussbericht der Expertenkommission soll am Dienstag offiziell vorgestellt werden. Die Nachrichtenagentur AP hatte aber bereits am Montag von einem in Genf ansässigen Diplomaten eines WHO-Mitgliedslandes eine offenbar fast fertige Version des Berichts erhalten. Der Diplomat wollte nicht genannt werden, da er nicht autorisiert gewesen sein soll, den Bericht vor der Veröffentlichung weiterzureichen. Ob der Bericht vor der offiziellen Veröffentlich nochmals geändert wird, ist unklar. Der EU-Botschafter bei der WHO, Walter Stevens, forderte, der Bericht müsse „vollständig transparent“ sein und alle Fragen beantworten, „die wir haben“.