home Politik Einstufung als Verdachtsfall: AfD klagt gegen Verfassungsschutz

Einstufung als Verdachtsfall: AfD klagt gegen Verfassungsschutz

Die Alternative für Deutschland (AfD) klagt vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen das dort ansässige Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Die Partei habe zwei Klagen und zwei Eilanträge eingereicht, sagte eine Gerichtssprecherin am Freitag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die AfD reagiert mit dem Vorgehen auf Berichte, nach denen das BfV schon in der kommenden Woche bekanntgeben will, dass die Partei als Verdachtsfall eingestuft wird. Damit könnte sie ab sofort mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden. Die AfD befürchtet, dass ihr im Jahr der Bundestagswahl dadurch erhebliche Nachteile entstehen würden.

AfD beruft sich auf Parteien-Chancengleichheit

INFO-BOX:
Bundesamt für Verfassungsschutz
Das Bundesamt für Verfassungsschutz wurde am 7. November 1950 gegründet und hat seinen Sitz in Köln-Chorweiler. Seit 2004 gibt es zudem eine Außenstelle in Berlin. Das BfV ist dem Bundes-innenministerium nachgeordnet. Seine Aufgaben bestehen im Sammeln und Auswerten von Informationen, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind („Wehrhafte Demokratie“), in der Spionageabwehr sowie im Geheim- und Wirtschaftsschutz.
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Daher beantragte die Partei unter anderem, dem Verfassungsschutz zu verbieten, sie als Verdachtsfall einzustufen und dies öffentlich bekannt zu haben. Zudem solle das BfV nicht bekanntgeben dürfen, über wie viele Mitglieder der völkisch-nationalistische „Flügel“ bis zu seiner offiziellen Selbstauflösung verfügte oder nach Informationen des Verfassungsschutzes heute noch verfügt. Die AfD beruft sich dabei unter anderem auf das Recht der Parteien auf Chancengleichheit. Die Gerichtssprecherin kündigte für den kommenden Montag einen sogenannten Hängebeschluss an. Dies ist eine vorläufige Entscheidung, die besonders kurzfristig und damit noch vor dem Eilantrag ergehen kann. Im Juni vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass der Verfassungsschutz die AfD in Brandenburg beobachtet. Außerdem stehen vier Politiker in Bayern im Fokus des BfV.

Zuvor hatte die baden-württembergische AfD mitgeteilt, man betrachte die Beobachtung der Gesamtpartei als politisches Manöver. „Wenn mit der AfD die bundesweit stärkste Oppositionspartei sieben Wochen vor einer Landtagswahl geheimdienstlich beobachtet werden soll, ist das nicht nur ein Unrecht“, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende Markus Frohnmaier der dpa in Stuttgart. „Es ist auch eine schwerwiegende Attacke auf freie und demokratische Wahlen, wenn die Bürger durch einen unter Kontrolle der Regierung stehenden Geheimdienst in ihrer Wahlentscheidung beeinflusst werden sollen.“ In Baden-Württemberg wird ebenso wie in Rheinland-Pfalz am 14. März ein neuer Landtag gewählt.

Die AfD-Spitze selbst hatte bereits am Donnerstag eine Klage angekündigt. „Sollte das BfV die AfD offiziell zum Verdachtsfall erklären, werden wir mit allen juristischen Mitteln dagegen vorgehen – und absehbar erfolgreich sein“, sagte der Bundesvorsitzende Jörg Meuthen. „Denn die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen, die für eine Beobachtung zwingend erforderlich sind, liegen schlicht nicht vor.“

Seehofer lässt Gutachten nochmals prüfen

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wies indes nach Informationen des „Spiegel“ die Juristen seines Hauses an, sich mit den Experten des BfV nochmals gründlich über das rund 1.000 Seiten lange geheime Gutachten zu beraten. Die Begründung solle absolut rechtssicher sein, um eine erfolgreiche Klage der AfD im Bundestagswahljahr auszuschließen. Wie lange diese Prüfung dauere, stehe zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest, so ein Sprecher des Ministeriums. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, geht jedoch davon aus, dass dem BfV genügend belastbare Anhaltspunkte für Extremismus vorliegen – nicht nur beim „Flügel“, sondern bei der Gesamtpartei. Mit dem heutigen Schritt zeige die AfD ihre Nervosität. Es sei „bezeichnend, dass die AfD eine mögliche Aufklärung der Öffentlichkeit juristisch verhindern will, statt sich eindeutiger als bislang von Extremisten in ihren Reihen wie Herrn Höcke zu distanzieren.“