home Panorama, Politik „Innere Entflechtung“: Bundeskartellamt schränkt Sammeln von Nutzerdaten bei Facebook stark ein

„Innere Entflechtung“: Bundeskartellamt schränkt Sammeln von Nutzerdaten bei Facebook stark ein

Das Bundeskartellamt hat dem sozialen Netzwerk Facebook die Datensammlung außerhalb seines Online-Netzwerks untersagt, weil es darin einen unfairen Wettbewerb sieht. Dies teilte die Behörde am heutigen Donnerstag mit. Betroffen ist davon beispielsweise der „Like“-Button, der auf zahllosen Webseiten eingebettet ist. Facebook besitze in Deutschland eine marktbeherrschende Stellung und missbrauche sie, so das Bundeskartellamt weiter. Dem sozialen Netzwerk gab die Behörde zwölf Monate Zeit, sein Verhalten zu ändern. Außerdem solle Facebook innerhalb von vier Monaten Lösungsvorschläge auf den Tisch legen.

User müssen Datennutzung als Gesamtpaket zustimmen

INFO-BOX:
Hintergrundpapier
des Bundeskartellamtes
Was ändert sich durch die Entscheidung des Bundeskartellamtes für die Facebook-Nutzer? Welche Ausmaß hatte die bisherigen Datensammlung? Wie groß ist die Marktmacht von Facebook eigentlich und worin liegt ein Missbrauch dieser Marktmacht begründet? Diesen und weiteren Fragen geht das Bundeskartellamt in einem Hintergrundpapier nach, das Sie mit einem Klick auf „mehr dazu“ abrufen können (PDF).
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Daran denkt das Unternehmen allerdings derzeit nicht und will im Gegenteil gegen das Votum des Kartellamtes vor Gericht ziehen. Facebook argumentiert, das Bundeskartellamt sei für den Fall gar nicht zuständig – schließlich gehe es um Datenschutz und nicht um das Wettbewerbsrecht. Der Wettbewerbshüter sehen aber gerade in Facebooks Umgang mit den Daten den wettbewerbsrelevanten Vorteil. So mache es der Konzern seinen Nutzern schwer, zu anderen Diensten oder in andere Ökosysteme zu wechseln. Setzt sich diese Ansicht auch vor Gericht durch und würde dieses auf einen grundlegend anderen Umgang mit den Daten deutscher Nutzer pochen, müsste Facebook prinzipiell für jedes Land eine andere Version seiner Plattform bereitstellen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass man wie beim Thema Gesichtserkennung strengere Regeln für alle europäischen Nutzer ausrollt.

Neben der reinen Datensammlung untersagte das Bundeskartellamt Facebook auch, die auf fremden Webseiten gesammelten Daten mit Informationen zusammenzuführen, die bei den Nutzern auf der Online-Plattform selbst gesammelt würden. Als Drittquellen betrachtet die Behörde dabei beispielsweise auch zum Konzern gehörende Apps wie WhatsApp oder Instagram. „Facebook darf seine Nutzer künftig nicht mehr zwingen, einer faktisch grenzenlosen Sammlung und Zuordnung von Nicht-Facebook-Daten zu ihrem Nutzerkonto zuzustimmen“, sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Und weiter: „Wir nehmen bei Facebook für die Zukunft eine Art innere Entflechtung bei den Daten vor“. Zwar sei die Sammlung und Verwertung von Daten aus Drittquellen auch weiterhin erlaubt, der Nutzer müsse dem aber explizit und „freiwillig“ zustimmen. Bisher müssen die User der Datenerhebung als Gesamtpaket zustimmen, um das soziale Netzwerk überhaupt nutzen zu können.

Digitalverband Bitkom kritisiert Kartellamts-Entscheidung

Die Entscheidung des Bundeskartellamts stieß auf breite Zustimmung. Justizministerin Katarina Barley (SPD) begrüßte den Entscheid „nachdrücklich“ und kritisierte: „Die Schnittstellen des Konzerns greifen die Daten nicht nur bei den anderen Diensten des Konzerns ab, sondern auch bei zahlreichen Apps und Webangeboten von Dritten.“ Dies sei den Nutzern einerseits oft gar nicht bekannt und andererseits könnten sie nichts dagegen tun, wenn sie die Dienste des Konzern weiter in Anspruch nehmen wollten. Lob kam auch vom Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber sowie vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Kritik äußerte hingegen der Digitalverband Bitkom. Der Versuch, eine große Plattform zu regulieren, werde „vor allem negative Auswirkungen auf andere, kleinere Unternehmen, Verlage, Blogger und die Internet-Nutzer haben“, so der Verband.