Paukenschlag in Barcelona: Nachdem sich der Streit um die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien in den vergangenen Wochen immer mehr zugespitzt hat, stimmte das katalanische Parlament heute für eine Abspaltung vom Mutterland. Madrid will das nicht akzeptieren und entzog der Region vorerst die Autonomie.
1. Opposition boykottiert Abstimmung
2. Katalanischem Regierungsschef Puigdemont droht Prozess
Opposition boykottiert Abstimmung
Artikel 155 der spanischen Verfassung von 1978 |
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Nach Artikel 155 der spanischen Verfassung darf die Regierung gegen autonome Gemeinschaften Maßnahmen ergreifen, wenn diese gegen die Verfassung oder andere Gesetze verstoßen. Zur Durchführung der Maßnahmen kann die Regierung Weisungen erteilen und so Regionalparlamente außer Kraft setzen. |
Die Abstimmung ist ein weiterer Schritt auf dem von katalanischen Separatisten befürworteten Weg zur Unabhängigkeit der Region. Anfang Oktober hatte man ein Referendum abgehalten, in dem sich 90 Prozent der Teilnehmer für eine Abspaltung aussprachen, die Beteiligung blieb mit nur 43 Prozent aber niedrig. Dass es in naher Zukunft tatsächlich dazu kommt, schienen aber selbst die Abgeordneten nicht zu glauben. Einen Zeitrahmen, wann die Region eigenständig werden soll, legte man nicht fest.
Katalanischem Regierungsschef Puigdemont droht Prozess
Während das Ergebnis auf der Straße von Tausenden bejubelt wurde, reagierte Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy auf Twitter mit dem Aufruf, seine Landsleute mögen Ruhe bewahren. Die Rechtsstaatlichkeit in Katalonien werde wieder hergestellt. Gemeint war damit die Entmachtung der Regionalregierung nach Artikel 155 der spanischen Verfassung (siehe Info-Box) und die Aussetzung der Autonomie bis zu Neuwahlen, weil diese mit der Abstimmung gegen die spanische Verfassung verstoßen hat. Diese Zwangsmaßnahmen wurden kurze Zeit später vom Madrider Senat bestätigt.
Nichtsdestotrotz erklärten separatistische Abgeordnete, dass sie zum katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont stehen würden. Puigdemont hatte jedoch schon vor der Abstimmung die Verantwortung für alle weiteren Schritte an das Parlament übergeben und seinen Rückzug aus der ersten Reihe der Politik angekündigt. Ihm droht nun ein Prozess wegen Rebellion, der in einer langen Haftstrafe münden könnte.