home Gesundheit, Politik Lauterbach drängt auf EU-Empfehlung zu vierter Corona-Impfung

Lauterbach drängt auf EU-Empfehlung zu vierter Corona-Impfung

Aufgrund der anhaltend hohen Coronazahlen wirbt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) EU-weit für eine vierte Coronaimpfung für alle Menschen ab 60 Jahren. „Wir dürfen nicht vergessen, dass die Covid-Pandemie nicht zu Ende ist in Europa. Wir haben sehr hohe Fallzahlen, wir haben leider auch sehr hohe Sterbezahlen“, sagte der 59-jährige Politiker am Rande von Beratungen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. Er wolle eine Diskussion anstoßen, „ob wir nicht eine europäische Empfehlung für die vierte Dosis der Impfung bekommen bei den über 60-Jährigen“.

Zweiter Booster mit BioNTech/Pfizer oder Moderna

In dieser Altersgruppe können man durch eine weitere Impfung die Sterblichkeit im Vergleich zur dritten Dosis noch einmal um 80 Prozent reduzieren, so Lauterbach. Dies hätten Daten einer Studie aus Israel ergeben. Man wolle die EU-Kommission dazu auffordern, in Zusammenarbeit etwa mit der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) eine entsprechende Empfehlung auszusprechen. „Die Lage ist in Europa, was die Pandemie angeht, schlechter als das Gefühl der Menschen“. Der Ukraine-Krieg ziehe zudem Aufmerksamkeit ab. Impfstoff gebe es in Europa genügend. Dadurch, dass einkommensschwache Länder immer weniger Vakzine aus der EU importieren, könne es absehbar sogar dazu kommen, dass Impfstoff vernichtet werden müsse, weil dieser ablaufe. Für einen zweiten Booster kämen aus Sicht des Bundesgesundheitsministers die Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna in Betracht.

Entwicklung angepasster Impfstoffe verzögert sich

INFO-BOX:
Ständige Impf-
kommission (STIKO)
Die STIKO wurde 1972 am damaligen Bundesgesund-heitsamt in Berlin ein-gerichtet. Die ehren-amtliche sowie politisch und weltanschaulich unabhängige Experten-gruppe hat aktuell 18 Mitglieder und ist seit 1994 beim Robert Koch-Institut in Berlin angesiedelt.
mehr dazu
Gleichzeitig warnte Lauterbach davor, auf einen von den Herstellerfirmen auf neue Virus-Varianten angepassten Impfstoff zu warten. Die Entwicklung verzögere sich. „Die angepassten Impfstoffe erwarte ich für später“, so der Minister. Der „Zielmonat“ sei jetzt der September. Dies sei aber zu spät. Auch die EMA hatte Mitte des Monats darauf verwiesen, dass sich die Entwicklung der angepassten Impfstoffe verzögere. Zudem gebe es aktuell noch nicht genügend Belege aus klinischen Studien oder der Praxis, die eine Empfehlung für eine zweite Auffrischungsimpfung stützten. Man erwarte „im Laufe des Frühjahrs“ neue Daten.

In Deutschland hat die Ständige Impfkommission (STIKO) eine Empfehlung für eine zweite Booster-Impfung bisher nur für Menschen ab 70 Jahren ausgesprochen, die als Risikopatienten gelten. Lauterbach erklärte, daran ändere sich nichts. Die Frage sei lediglich, ob die Altersgrenze abgesenkt werde. Er präferiere jedoch eine EU-Empfehlung. Die Bürger verwirre es, wenn in Mitgliedsstaaten unterschiedliche Regeln gelten. Österreichs Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) setzte sich dafür ein, dass die EU auch zukünftig gemeinsam Corona-Impfstoff beschaffen solle. „Wir haben nicht die Verhandlungsposition den Herstellern gegenüber, es braucht die europäische Solidarität“, sagte der 62-Jährige mit Blick auf kleine EU-Staaten bei den Beratungen in Brüssel.

Keine Corona-Gefahr durch Geflüchtete aus der Ukraine

Thema der EU-Gesundheitsminister soll auch die Impfung von ukrainischen Kriegsflüchtlingen sowie die Versorgung von Schwerkranken aus dem Land sein. „Von den Geflüchteten geht keine akute Gefahr für die Bevölkerung aus“, betonte Lauterbach. Die fehlenden Impfungen gefährdeten vielmehr die Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet seien. Hinsichtlich der Gesundheitsversorgung von Kranken und Verletzten unterstütze die Bundesregierung seit der ersten Stunde des Krieges mit Medikamenten und Material aller Art. Zur Verteilung auf Krankenhäuser werde das sogenannte Kleeblatt-System genutzt, das bereits während der Corona-Pandemie zum Einsatz gekommen war. Ein erster Patient sei in der vergangenen Woche ausgeflogen worden. An dieser Hilfsaktion seien aber alle europäischen Länder beteiligt, nicht nur die Bundesrepublik.