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Corona-Pandemie: „Boostern“ zum Anglizismus des Jahres 2021 gewählt

Das Verb „boostern“ ist zum Anglizismus des Jahres 2021 gekürt worden. Die Jury um den Sprachwissenschaftler Professor Anatol Stefanowitsch von der Freien Universität Berlin lobte die Schnelligkeit, mit der es eine Lücke im Wortschatz gefüllt habe. Zudem würdigte sie die Leichtigkeit, mit der das Wort im grammatischen System des Deutschen seinen Platz finde.

Boostern „fester Bestandteil des deutschen Wortschatzes“

Das Verb, das die Auffrischung einer Corona-Impfung beschreibt, sei seit Oktober 2021 zeitgleich mit dem Ausdruck Booster im allgemeinen Sprachgebrauch aufgetaucht und „fast übergangslos zu einem festen Bestandteil des deutschen Wortschatzes“ geworden, erläuterte Stefanowitsch am Dienstag in Berlin. Es unterscheide sich in mehrfacher Hinsicht von der im Deutschen bereits vorhandenen Formulierung „eine Auffrischungsimpfung geben/erhalten“. „Boostern“ hängte bei der Abstimmung auch andere mit der Corona-Pandemie verbundene Begriffe wie „Long COVID“ oder „QR-Code“, sowie Wörter wie „cringe“ ab. Der für das Gefühl von Fremdscham stehende Begriff war zum Jugendwort des Jahres 2021 gewählt worden. Die Initiative „Anglizismus des Jahres“ würdigt seit 2010 jährlich den ihrer Ansicht nach „positiven Beitrag des Englischen zur Entwicklung des deutschen Wortschatzes“. Auch im Jahr 2020 hatte mit „Lockdown“ ein Begriff aus dem Umfeld der Corona-Krise den Titel gewonnen.

Wort mit optimistischem und dynamischen Beiklang

INFO-BOX:
Anglizismus des Jahres
2010: leaken
2011: Shitstorm
2012: Crowdfunding
2013: -gate
2014: Blackfacing
2015: Refugees Welcome
2016: Fake News
2017: Influencer
2018: Gendersternchen
2019: ...for future
2020: Lockdown
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Anders als das aus dem Englischen entlehnte Substantiv „Booster“ sei das Verb „boostern“ wahrscheinlich eine deutsche Eigenkreation, so die Jury. Das Substantiv „booster shot“ für die „Verstärker-Impfung“ tauche im Englischen schon Mitte der 1940er-Jahre auf. Die verkürzte Form „booster“ in den 1960er-Jahren. Das dazu gehörende Verb sei jedoch „to boost“. Zwar gebe es eine Nebenform „to booster“. Diese sei aber vor dem Januar 2022 verschwindend selten vorgekommen. Sie könne dadurch nicht das Vorbild für das deutsche „boostern“ gewesen sein.

Dabei ermögliche „boostern“ im Deutschen nicht nur eine knappe und trotzdem eindeutige Kommunikation. Es zeige gleichzeitig die Vergänglichkeit des Impfschutzes. Denn geboostert sei man nur, solange die Schutzwirkung der Auffrischungsimpfung ausreichend hoch ist, so die Initiative. Außerdem habe das Wort einen optimistischen und dynamischen Beiklang, an den das deutsche „Auffrischungsimpfung“ einfach nicht heranreiche. Zudem tauche „to booster“ seit Beginn des Jahres auch im englischen Sprachgebrauch häufiger auf. Die deutsche Sprachgemeinschaft habe hier also deutlich vor der englischen Sprachgemeinschaft das Potenzial des Englischen erkannt und für sich genutzt.

Auch „cringe“ und „woke“ auf der Shortlist

Der Wortschatz des Deutschen habe sich generell im Zuge der Corona-Pandemie „mit einer nur selten zu beobachtenden Geschwindigkeit erweitert“, schrieb die Jury. Als Bezeichnung für „die in absehbarer Zukunft wahrscheinlich gesellschaftlich wichtigste chronische Krankheit“ habe das bereits genannte „Long COVID“ sogar gute Aussichten, Anglizismus des Jahrzehnts zu werden.

Neben „cringe“ hatte es auch noch der Begriff „woke“ auf die Shortlist zum Anglizismus des Jahres 2021 geschafft. Das Adjektiv stammt ursprünglich aus der schwarzen US-Bürgerrechtsbewegung der 1960er-Jahre. Man habe es verwendet, um Menschen zu bezeichnen, die rassistische gesellschaftliche Strukturen erkannt hatten. Oft geschah dies in der Aufforderung „Stay woke!“ („Bleib wach!“). Im Zuge der Black-Lives-Matter-Bewegung sei es „vom konservativen Feuilleton in Deutschland und anderswo als Synonym für den in die Jahre gekommenen Kampfbegriff politically correct entdeckt“ worden. Es werde nun aber vorrangig als Fremdbeschreibung verwendet, „um sich über Menschen lustig zu machen, die auf gesellschaftliche Missstände hinweisen“, so die Initiative.