US-Präsident Donald Trump hat zur doppelten Stimmabgabe bei der Präsidentschaftswahl im November aufgerufen, obwohl ein solches Vorgehen verboten ist. Er richtete sich mit seinem Appell an die Wähler in North Carolina. Zuvor hatte ihn der dortige Lokalsender WECT-TV am Mittwoch gefragt, für wie sicher er das Wahlsystems des Bundestaats halte. Mit diesem Vorgehen könnten die Menschen laut Trump prüfen, ob man ihre erste Stimme gezählt habe.
1. „Hören Sie nicht auf den Präsidenten“
2. Wissenschaftler vermutet betrügerische Absichten
„Hören Sie nicht auf den Präsidenten“
Präsidentschaftswahl in den USA |
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Die US-Präsidentschafts-wahl findet seit 1788 alle vier Jahre statt. Seit 1845 ist der Wahltag der Dienstag nach dem ersten Montag im November. Sie ist eine indirekte Wahl. Die Kandidaten werden vorab durch parteiinterne Vorwahlen festgelegt. Bei der Wahl selbst wird ein Wahlmännerkollegium (Electoral College) bestimmt, das später den Präsidenten und den Vizepräsidenten wählt. Die Amtszeit des gewählten Präsidenten beginnt mit der Amtseinführung, die seit 1937 stets auf den dem Wahltermin folgenden 20. Januar fällt. |
Wenig später fragten die Moderatoren des Nachrichtensenders CNN in einem Live-Interview US-Justizminister William Barr nach einem Kommentar zu Trumps Aufruf. „Mir scheint es, dass er darauf hinweisen möchte, dass die Möglichkeiten, das System zu überwachen, nicht gut sind. Und dass man erwischt würde, wenn man ein zweites Mal abstimmen wolle, wenn es gut funktionieren würde“, sagte Barr. Auf den Hinweis, dass ein Versuch, ein zweites Mal abzustimmen illegal wäre, reagierte Barr ausweichend. „Ich weiß nicht, wie die Gesetzeslage in diesem konkreten Bundesstaat ist“.
Mit seinem Vorschlag unterfütterte Trump seine Kampagne gegen die Briefwahl. Ohne Vorlage von Beweisen und gegen die Einschätzung von Experten argumentieren der Präsident und sein Justizminister seit Wochen, dass diese Methode die Wahrscheinlichkeit eines Wahlbetrugs drastisch erhöhe. Trump fürchtet offenbar, dass vor allem Anhänger seiner Herausforderers Joe Biden die Möglichkeit zur Briefwahl in Corona-Zeiten vermehrt nutzen. Die Demokraten ihrerseits werfen Trump und den Republikanern vor, die Wahlbeteiligung unterdrücken zu wollen, um sich so einen Vorteil zu verschaffen.
Wissenschaftler vermutet betrügerische Absichten
Auch unter Wissenschaftlern löste Trumps Vorschlag Kritik aus. „Alle Staaten verfügen über Mechanismen, um sicherzustellen, dass ein Wähler nicht eine Briefwahl-Stimme und eine persönliche Stimme abgeben kann“, sagte Richard Pildes, CNN-Analyst für Wahlrecht und Professor an der New York School of Law. „Wenn Ihre Briefwahl noch nicht eingegangen ist und Sie persönlich zur Abstimmung erscheinen, wird Ihre persönliche Stimme gezählt und Ihre Briefwahl abgelehnt. Wenn Ihre Briefwahl jedoch bereits registriert ist, werden Sie gebeten, einen vorläufigen Stimmzettel abzugeben. Dieser Stimmzettel wird dann nicht gewertet, sobald bestätigt wurde, dass Ihr Briefwahlzettel eingegangen ist“. Aus der Sicht von Pildes werde der Trump-Vorschlag enorme Verwirrung stiften.
Dies könnte auch genau die Absicht dahinter sein, mutmaßte Rick Hasen, Professor für Rechtswissenschaft und Politikwissenschaft an der University of California-Irvine. „Es hört sich so an, als hätte er eine Doppelabstimmung vorgeschlagen, um die Integrität des Systems zu testen oder um sicherzustellen, dass seine Wähler mindestens einen Stimmzettel für ihn abgeben können. Ist das eine betrügerische Absicht? Sie könnte es sein, weil Trump davon auszugehen scheint, dass Wahlprüfer die doppelte Abstimmung seiner Anhänger nicht unbedingt bemerken würden“.