Der Landtag von Baden-Württemberg hat Winfried Kretschmann (Grüne) zum dritten Mal mehrheitlich zum Regierungschef gewählt. Von den 152 anwesenden Landtagsabgeordneten stimmten 95 für Kretschmann, 55 gegen ihn. Zwei Stimmen entfielen auf andere Namen, Enthaltungen gab es keine. Kretschmann erhielt damit fünf Stimmen weniger, als die neu aufgelegte Koalition von Grünen und CDU Sitze im Landtag hat. „Ich nehme die Wahl an und danke für das in mich gesetzte Vertrauen“, sagte Kretschmann nach der Verkündung des Wahlergebnisses.
1. Kretschmann: Satte Mehrheit gutes Startsignal
2. SPD: Großes Mißtrauen bei den Koalitionsparteien
3. Neuer Finanzminister Bayaz muss knappe Mittel verwalten
Kretschmann: Satte Mehrheit gutes Startsignal
Der 72-Jährige war auf den Tag genau vor zehn Jahren erstmals Regierungschef im Südwesten geworden und hatte damit die 58 Jahre währende Dominanz der CDU durchbrochen. Bleibt er bis zum Ende der Wahlperiode im Amt, hätte er länger regiert als jeder Ministerpräsident vor ihm. Nach der Ablegung seines Amtseids bei Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) sprach Kretschmann von einer „sehr satten Mehrheit“. Es täten sich in einer Koalition immer welche schwer, den Regierungschef zu wählen. „Das muss man ertragen“, so Kretschmann weiter. Seine Wahl sei trotzdem ein „gutes Startsignal“. Die erste große Aufgabe seiner Regierung sieht Kretschmann in der Abfederung der Folgen der Corona-Krise für Kinder und Jugendliche. Die Lernlücken zu schließen werde eine „schwere, aber wichtige Aufgabe“. Auch der Kampf gegen den Klimawandel dulde keinen weiteren Aufschub. Man müsse „jetzt und nicht irgendwann handeln“. Einige Dinge müsse man wegen der schlechten Kassenlage allerdings auch verschieben.
SPD: Großes Mißtrauen bei den Koalitionsparteien
Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg |
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1952-1953: Reinhold Maier 1953-1958: Gebhard Müller 1958-1966: K. G. Kiesinger 1966-1978: Hans Filbinger 1978-1991: Lothar Späth 1991-2005: Erwin Teufel 2005-2010: G. Oettinger 2010-2011: Stefan Mappus seit 2011: W. Kretschmann |
Während die Regierungsfraktionen von einem „gelungenen Start“ und einem „enormen Vertrauensbeweis“ sprachen, sagte SPD Partei- und Fraktionschef Andreas Stoch zur Wahl Kretschmanns: „Diesem Anfang wohnt kein Zauber inne“. Das Wahlergebnis hätte gezeigt, dass das Misstrauen zwischen den beiden Parteien weiter groß sei. FDP-Landeschef Hans-Ulrich Rülke sah dies ähnlich: „Die grün-schwarze Koalition hat gleich zu Beginn das Ziel verfehlt, die eigenen Fraktionen zusammenzuhalten“. Er gehe davon aus, dass CDU-Abgeordnete Kretschmann die Gefolgschaft verweigert hätten, weil „der grün-schwarze Koalitionsvertrag nicht mal Spuren des Wahlprogramms der CDU enthält“.
Neuer Finanzminister Bayaz muss knappe Mittel verwalten
Für diesen Mittwoch wird auch das Ergebnis der aktuellen Steuerschätzung für Bund, Länder und Gemeinde erwartet. Bis die Zahlen auf Baden-Württemberg heruntergerechnet sind, wird es zwar noch einige Tage dauern. Für den neuen Finanzminister Danyal Bayaz, der bis vor Kurzem noch für die Grünen im Bundestag saß, beginnt dann aber erst die richtige Arbeit. Der 37-Jährige muss innerhalb der Koalition ausloten, für welche Schwerpunkte das knappe Geld ausgegeben werden soll.