home Wirtschaft Bayer: Rund zehn Millarden Euro Verlust durch Glyphosat-Streit

Bayer: Rund zehn Millarden Euro Verlust durch Glyphosat-Streit

Der Chemiekonzern Bayer hat wegen des jüngst erzielten milliardenschweren Vergleichs im Streit um den Unkrautvernichter Glyphosat in den USA einen hohen Verlust für das zweite Quartal ausgewiesen. Das Konzernergebnis liege „durch Sondereinflüsse aus Rechtsfällen bei minus 9,548 Milliarden Euro“, teilte Bayer am Dienstag mit. Im Vorjahreszeitraum hatte das Unternehmen noch einen Gewinn in Höhe von 404 Millionen Euro vermelden können. Abgesehen von den nun notwendig gewordenen Rückstellungen sei das Geschäft von April bis Juni trotz der Corona-Pandemie stabil verlaufen, so der Konzern.

Pharma-Geschäft wegen Corona in der Krise

INFO-BOX:
Glyphosat
Glyphosat wird seit der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre weltweit zur Unkrautbekämpfung eingesetzt und ist seit Jahren der mengenmäßig bedeutendste Inhaltsstoff von Herbiziden. Das Patent als Herbizid wurde 1974 dem Chemieunternehmen Monsanto erteilt. Glyphosat wird heute von mindestens 91 Chemieunternehmen in 20 Ländern hergestellt, die produzierte Menge wurde 2012 auf 720.000 Tonnen geschätzt. In Deutschland wird Glyphosat auf etwa 40 Prozent der Ackerflächen verwendet.
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Ende Juni hatte sich Bayer in den USA bereiterklärt, zur Beilegung von bisher mehr als 125.000 eingereichten und nicht eingereichten Klagen gegen die amerikanische Tochtergesellschaft Monsanto rund 11 Milliarden Dollar zu zahlen. Dieser Vergleich ist allerdings noch nicht in trockenen Tüchern, da das Gericht Bedenken gegen Teile der Vereinbarung äußerte. Zudem bestätigte ein Berufungsgericht in Kalifornien zwei Wochen später einen Zusammenhang zwischen Glyphosat und der Krebserkrankung des Klägers. Gegen das Urteil will Bayer in Revision gehen. Neben den Aufwendungen für den Streit um Glyphosat musste das Unternehmen aber auch für Rechtsfälle im Pharmageschäft vorsorgen. Hier geht es vor allem um die umstrittene Sterilisationsspirale Essure. Bayer sieht sich hier in den USA mit Klagen von rund 32.000 Frauen konfrontiert.

Konzernchef Werner Baumann hob am Dienstag hervor, dass Bayer dank Zuwächsen im Agrargeschäft den Gewinn vor Steuern, Zinsen und Sondereinflüssen gesteigert habe. Dies sei trotz „schwieriger Rahmenbedingungen“ gelungen. Die Gründe sind gute Geschäfte mit der Mais-Saat in Brasilien, eine Erholung der Sojasamen-Nachfrage in Nordamerika sowie die robusten Nachfrage nach Pflanzenschutzmitteln. Zudem schreite die Monsanto-Integration schnell voran, was zu Kosteneinsparungen führe. Das Pharma-Geschäft wurde hingegen von der Corona-Krise deutlich in Mitleidenschaft gezogen. So verschoben Ärzte und Kliniken viele nicht notwendige Behandlungen. Patienten trauten sich zudem nicht in die Krankenhäuser. Auch im Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten hielten sich die Kunden zurück. Dies lag aber in erster Linie daran, dass sich der Handel im Zuge der Corona-Pandemie bereits im ersten Quartal reichlich eingedeckt hatte und nun erst einmal die Lagerbestände abbauen muss.

Bayer-Aktie mit negativer Drei-Monats-Bilanz

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen peilt das Management nach eigenen Angaben für 2020 vor Wechselkurseffekten sowie dem Zu- und Verkauf von Unternehmensteilen nun ein Umsatzwachstum von 0 bis 1 Prozent auf 43 bis 44 Milliarden Euro an. Bisher waren 44 bis 45 Milliarden Euro eingeplant. Der Konzernumsatz sank im zweiten Quartal um 6,2 Prozent auf rund zehn Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg hingegen um 5,6 Prozent auf 2,88 Milliarden Euro. Während der Umsatz so hinter den durchschnittlichen Analystenschätzungen zurückblieb, lag das Ebitda leicht darüber. Trotzdem dürfte die Bayer-Aktie auch weiterhin einen schweren Stand im DAX haben. Am Dienstag startete das Papier mit mehr als zwei Prozent im Minus. Auf Sicht von drei Monaten ist der Titel damit neben dem schwer gebeutelten Papier von Wirecard die einzige Aktie mit einer negativen Kursbilanz.