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Übernahme von TikTok durch Microsoft: Chance und Risiko zugleich

Die mögliche Übernahme der beliebten Smartphone-App TikTok durch den Softwarekonzern Microsoft verdichtet sich. Am Sonntagabend gab Microsoft bekannt, dass man Gespräche über den Kauf der TikTok-Aktivitäten in den Vereinigten Staaten sowie einigen anderen Ländern führe. Dazu habe Microsoft-Boss Satya Nadella mit US-Präsident Donald Trump Gespräche geführt. Zuvor hatte der amerikanische Präsident damit gedroht, TikTok in den USA verbieten zu wollen.

Pompeo: Komplettes Verbot chinesischer Software möglich

INFO-BOX:
TikTok
TikTok wurde im September 2016 von Zhang Yiming, dem Gründer von ByteDance, ins Leben gerufen. Am 2. August 2018 wurde TikTok der Nachfolger der App musical.ly und in der Folge zur führenden Kurzvideo-Plattform Asiens mit der weltweit größten Playback-Videogemeinde. Mit TikTok können Nutzer Musikclips ansehen sowie selbst kurze Videos (maximal 60 Sekunden) aufnehmen und durch das Hinzufügen von Spezialeffekten und Filtern bearbeiten. Zusätzlich bietet die App Funktionen eines sozialen Netzwerks.
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Doch statt eines Verbotes gibt es nun eine Frist: 45 Tage, also bis zum 15. September, hat Microsoft jetzt Zeit, das Geschäft von TikTok in den USA, Kanada, Australien und Neuseeland zu übernehmen. Es wäre nicht nur die größte Übernahme in der Geschichte von Microsoft, sondern gleichzeitig eine gewaltige Erpressung. Dann Trump hat klargestellt: Entweder gibt der chinesische Mutterkonzern ByteDance sein TikTok-Geschäft in den besagten Ländern ab, oder die App wird verboten. Im Raum steht dabei ein Übernahmeangebot in Höhe von 50 Milliarden Dollar. TikTok ist das neueste Streitobjekt im immer stärker eskalierenden Streit zwischen den Vereinigten Staaten und China. Auf dem US-Sender Fox News erklärte Außenminister Mike Pompeo, Trump könne sich sogar vorstellen, sämtliche aus China stammende Software zu verbieten. Dienste wie TikTok oder Tencent, das die in China populäre App Wechat betreibt, würden Nutzerdaten an die Kommunistische Partei weiterleiten. Zudem betrieben die Konzerne Zensur im Sinne Pekings.

ByteDance hat die Vorwürfe inzwischen vehement zurückgewiesen. In einem früheren Statement hatte das Unternehmen mitgeteilt: „Nutzer*innendaten von TikTok werden in den Vereinigten Staaten und Singapur gespeichert und verarbeitet, wo TikTok mit Datenzentren von etablierten Anbietern arbeitet. Die Privatsphäre und die Sicherheit der Nutzer*innen haben bei TikTok höchste Priorität und TikTok verpflichtet sich, die lokalen Gesetze der Märkte einzuhalten, in denen wir arbeiten“. Auch IT-Experten haben bislang keine Beweise gefunden, dass der chinesische Staat auf TikTok-Daten von US-Bürgern zugegriffen hat. Ganz auszuschließen ist der Eingriff Chinas allerdings nicht, wie das Beispiel Huawei zeigt. Der Konzern will in Europa beim Aufbau des 5G-Mobilfunknetzes zum Zuge kommen. Zwar beteuert auch der chinesische Netzwerkausrüster, in keinem Fall Kundendaten an den Staat weiterzugeben. Allerdings ist die Gesetzeslage in der Volksrepublik eindeutig. Sehen die Behörden die nationale Sicherheit bedroht, erlaubt ihnen das chinesische Nachrichtendienstgesetz, Unternehmen und auch Einzelpersonen zur Kooperation zu verpflichten und Geheimhaltung anzuordnen.

TikTok am schnellsten wachsendes soziales Netzwerk

Für Microsoft bietet sich mit dem TikTok-Zukauf vor allem die Möglichkeit, mehr junge Menschen zu erreichen. Doch das wird schwer genug. Bisher hat das Redmonder Unternehmen mit der Xbox und „Minecraft“ lediglich im Bereich Gaming zwei jung wirkende Marken im Spiel. Und der Social Media-Markt gehört seit langer Zeit anderen. Beim Internetvideo dominiert YouTube, in den sozialen Medien ist Facebook mit seinen Zukäufen WhatsApp und Instagram der klare Platzhirsch.

Doch wer TikTok besitzt, bekommt stets einen guten Einblick in die Welt der Jugend – immerhin gilt TikTok als das am schnellsten wachsende soziale Netzwerk und hat allein in den USA schon jetzt mehr als 100 Millionen Nutzer. Im Vordergrund stehen dabei Musik und lustige Videos, die von normalen Nutzern aber auch zahlreichen Prominenten veröffentlicht werden. Wagt sich Microsoft in dieses Geschäft vor, wird sich der Konzern andererseits aber auch für Debatten über Desinformation, irreführende Werbung und politische Manipulation wappnen müssen, denen Facebook und Google schon seit längerer Zeit ausgesetzt sind.

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Dennis Hain

Dennis Hain (B. Sc. Inf., B.Sc. CS) ist großer Technik und Games Fan. In seinem Job konnte er sich tiefe Kenntnisse der Software-Entwicklung im medizinischen Umfeld und künstlicher Intelligenz für Vollpreis-Computerspiele aneignen. Privat kann er keinem Spiel aus dem Weg gehen - auf News-Mag.de ist er daher für die Bereiche Technik und Spiele verantwortlich.