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Deutsche Post: Kunden sollen für schnellere Briefzustellung zahlen

Wenn es nach der Deutschen Post geht, könnte es bald eine Zwei-Klassen-Gesellschaft für Briefe geben. „Wir sollten überlegen, ob wir den Kunden die Wahl der Laufzeiten überlassen“, erklärte Nikola Hagleitner, die in dem Konzern für Briefe und Pakete zuständig ist, am Mittwoch der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Sie könnten dann entscheiden, ob ihnen eine besonders schnelle Zustellung einen Aufpreis wert ist oder ob die Briefe auch etwas länger unterwegs sein dürfen.“

Ampel will Postgesetz modernisieren

INFO-BOX:
Deutsche Post
DHL Group
Die Deutsche Post AG ging 1995 aus der Deutschen Bundespost hervor. Seit 2000 ist sie börsennotiert. Im Jahr 2002 übernahm der Konzern DHL International und tritt seit 2015 als Deutsche Post DHL Group auf.
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Auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern gebe es derartige unterschiedliche Zustellgeschwindigkeiten, teilte das Unternehmen mit. Ein solcher Schritt würde allerdings voraussetzen, dass bei der anstehenden Reform des Postgesetzes die Pflicht des „gelben Riesen“ gestrichen würde, mindestens 80 Prozent der Briefe am Folgetag zuzustellen. Firmenangaben zufolge kommen derzeit 83 bis 84 Prozent der eingeworfenen Briefe am folgenden Tag an – mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. „Die starren Laufzeitvorgaben halten wir in der Ära der elektronischen Kommunikation für nicht mehr zeitgemäß“, so Hagleitner. Sie seien nicht nur eine gewaltige betriebliche Herausforderung, sondern sie belasteten wegen der dafür notwendigen Nachtflüge auch die Umwelt.

Nach den Plänen der Ampelkoalition soll das Postgesetz geändert und modernisiert werden. Seine Eckpfeiler sind über zwei Jahrzehnte alt und stammen aus einer Zeit, als viele Bürger noch Briefe und Postkarten anstelle von Mails und Chatnachrichten schickten. Die Idee mit dem Aufschlag für schnellere Sendungen ist für die Deutsche Post übrigens nicht ganz neu. Der sogenannte Prio-Brief, der gegen einen Aufschlag von 1,10 Euro eine bevorzugte Abfertigung eines Briefs verspricht, existiert bereits heute. „Mit unserem Prio-Zusatzservice werden Ihre Briefe mit einer höheren Wahrscheinlichkeit schon am nächsten Werktag zugestellt“, schreibt die Post. Es ist jedoch wenig reizvoll, den Aufschlag zu bezahlen, da der Brief wahrscheinlich auch ohne Zuzahlung am Folgetag zugestellt wird.

Immer mehr Beschwerden bei der Bundesnetzagentur

Wie die Änderungen aussehen könnten, wenn die Post ihre Pläne in die Tat umsetzt, kann man in den Nachbarländern Österreich und Schweiz beobachten. Bei den Schweizern gibt es A- und B-Post. Ein Standardbrief bis 100 Gramm kostet auf schnellem Weg 1,10 Franken (1,12 Euro), mit der langsameren Post 0,90 Franken. Die Post verspricht eine Zustellung der schnellen Post am nächsten Werktag sowie am Samstag. Bei der B-Post kann die Zustellung bis zu drei Werktage dauern, und sie wird nicht am Samstag zugestellt. Die österreichische Post unterscheidet zwischen Prio-Brief und Eco-Brief. Ein Prio-Brief bis 20 Gramm kostet einen Euro und ist am nächsten Tag beim Empfänger. Ein Eco-Brief kostet nur 0,81 Cent, benötigt aber zwei bis drei Werktage.

Zuletzt hatte es bei der Post besonders bei der Briefzustellung Probleme gegeben – obwohl tendenziell immer weniger Briefe verschickt werden. Der Konzern hat das unter anderem mit einem hohen Krankenstand und dem leer gefegten Arbeitsmarkt begründet. Um ihrem Ärger über verspätete oder verschwundene Briefe und Pakete Luft zu machen, wandten sich viele Bürger an die Bundesnetzagentur. Im November seien rund 7.000 Post-Beschwerden eingegangen, teilte die Bonner Behörde mit. Das waren weniger als im Oktober, als etwa 9.400 Beschwerden bei der Bundesnetzagentur landeten, aber mehr als im September (5.000) sowie im Juli und August (zusammengerechnet 6.500).