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Zinswende: ING Deutschland schafft Negativzinsen ab Juli ab

Die ING Deutschland schafft die Negativzinsen für einen Großteil ihrer Privatkunden ab. Wie die Bank am Dienstag mitteilte, erhöhen sich die Freibeträge für Guthaben auf Giro- und Tagesgeldkonten zum 1. Juli von derzeit 50.000 auf 500.000 Euro pro Konto. Damit gebe man die positive Zinsentwicklung an den Kapitalmärkten frühzeitig an die Kundinnen und Kunden weiter, so das Geldinstitut. Die ING ist hinter der Deutschen Bank und der Commerzbank die drittgrößte Bank in Deutschland.

Weitere Banken werden wohl nachziehen

Weitere Schritte könnten folgen, nicht zuletzt, weil eine Erhöhung des Leitzinses im Euroraum immer wahrscheinlicher wird. „Mit der Erhöhung des Freibetrags für Guthaben auf dem Giro- und Extra-Konto entfällt das Verwahrentgelt für 99,9 Prozent unserer Kundinnen und Kunden“, sagte Nick Jue, Vorstandschef der ING in Deutschland. „Wir haben als eine der letzten Banken ein Verwahrentgelt eingeführt und schaffen es als eine der ersten quasi wieder ab“. Nach Einschätzung von Oliver Maier von der Vergleichsplattform Verivox erhöht die Entscheidung der ING den Druck auf die Wettbewerber. Diese müssten nun ebenfalls aktiv werden. Es sei daher „gut möglich, dass in den nächsten Tagen und Wochen weitere Banken nachziehen und ebenfalls die Freibeträge anheben“, so Maier.

EZB will Einlagensatz vor Leitzins anheben

INFO-BOX:
ING Deutschland
Die ING-Diba AG wurde 1965 als Bank für Sparanlagen und Vermögensbildung (BSV) in Frankfurt am Main gegründet. Sie ist heute ein vollständiges Tochter-unternehmen der niederländischen ING Groep. Mit rund 9,1 Millionen Kunden im Jahr 2021 ist sie die größte Direktbank Deutschlands.
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Angesichts der anhaltenden Rekordinflation nehmen Europas Währungshüter Kurs auf ein Ende der ultralockeren Geldpolitik. Dabei gilt eine erste Zinsanhebung durch die Europäische Zentralbank (EZB) im Juli als zunehmend wahrscheinlich. Derzeit müssen Banken 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Marktbeobachter erwarten, dass die Notenbank in diesem Jahr wahrscheinlich in mehreren Schritten zunächst diesen negativen Einlagensatz auf null Prozent anheben wird. Eine Erhöhung des Leitzinses soll erst nach der Anhebung dieses sogenannten Einlagenzinses erfolgen.

Mehrere große Banken haben bereits angekündigt, dem Schritt der ING zu folgen. „Bei einem beträchtlichen Teil der Banken reduzieren sich die Negativzinsen dann sogar automatisch“, erklärte Maier. „Denn bei diesen Instituten ist das Verwahrentgelt im Preisverzeichnis ausdrücklich an den Einlagezins der EZB gekoppelt“. Die Deutsche Bank erklärte auf Anfrage dem ZDF: „Wenn die EZB den Satz der Einlagenfazilität ändert, werden wir im Privatkundengeschäft das Entgelt kurzfristig anpassen“. Bei einem Einlagensatz von null oder größer werde man vollständig auf Negativzinsen verzichten.

Die Commerzbank äußerte sich hingegen zurückhaltender. „Wir schauen uns die Entwicklung genau an und werden reagieren, wenn sich die steigenden Zinsen als nachhaltig erweisen“. Der Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken erklärten, dass jedes Institut vor Ort selbst über seine Konditionen entscheide.

ING hofft auf weniger Kündigungen von Bestandskunden

Dass die ING die Negativzinsen so schnell abschaffen will, liegt auch daran, dass sie Ärger mit Bestandskunden vermeiden will, die deren Einführung noch gar nicht aktiv zugestimmt haben. Dies ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vor rund einem Jahr bei Änderungen der AGBs notwendig. „Die ING Deutschland erwartet, durch die Erhöhung der Freibeträge insbesondere auch die Kunden zu überzeugen, die den Allgemeinen Geschäftsbedingungen inklusive Verwahrentgelt bisher noch nicht zugestimmt haben, und dass die Bank damit weniger Kunden kündigen wird als zuletzt geplant“. Zudem ist rechtlich auch noch nicht abschließend geklärt, ob Verwahrentgelte überhaupt zulässig sind. Einige Gerichte wie das Berliner Landgericht hatten Negativzinsen zuletzt für unzulässig erklärt.