home Auto, Wirtschaft Das Ende der Daimler AG – Autokonzern spaltet sich auf

Das Ende der Daimler AG – Autokonzern spaltet sich auf

Seit Freitag gibt es einen zweiten Stern am Autohimmel. Die Aktionäre von Daimler stimmten bei der außerordentlichen Hauptversammlung mit 99,9 Prozent für die Aufspaltung des Konzerns in zwei getrennte Unternehmen für Autos und Nutzfahrzeuge. Das Treffen hatte wegen der Coronabeschränkungen online stattgefunden. Künftig steht somit Mercedes-Benz für Autos und Vans, Daimler Truck für Lastwagen und Busse. Letztere soll noch in diesem Jahr abgespalten und als eigenständiges Unternehmen unter dem Namen Daimler Truck Holding AG an die Frankfurter Börse gehen.

Daimler Truck soll noch in diesem Jahr an die Börse

INFO-BOX:
Daimler Truck AG
Die Daimler Truck AG hat ihren Sitz in Stuttgart und ist seit 1. November 2019 einhundertprozentiges Tochterunternehmen der Daimler AG. Die Daimler Truck AG ist der weltweit größte Nutzfahrzeug-Hersteller mit mehr als 35 Haupt-Standorten und über 100.000 Beschäftigten.
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Dort peilt Daimler Truck eine Aufnahme in den Leitindex DAX an. Daimler will 65 Prozent der Daimler Truck-Papiere an die Aktionäre ausgeben, fünf Prozent gehen an den eigenen Pensionsfonds. Die Aktionäre erhalten für je zwei Aktien einen zusätzlichen Anteilsschein der Daimler Truck Holding AG. Der Name Daimler AG für die bisherige Dachgesellschaft wird Anfang kommenden Jahres verschwinden. Experten gehen davon aus, dass der Börsenwert der getrennten Aktiengesellschaften höher sein wird als die Bewertung von Daimler derzeit. Allein durch den Wegfall des „Konglomerat-Abschlags“ könnte Mercedes allein so viel wert sein wie Daimler heute insgesamt: rund 82 Milliarden Euro.

„Es ist ein historischer Schritt“, sagte der neue Aufsichtsratsvorsitzende Bernd Pischetsrieder zu Beginn der Hauptversammlung. Aber dieser sei nötig, um den grundlegenden Veränderungen in der Branche Rechnung zu tragen. Das Unternehmen habe von Anfang eines ausgezeichnet: Mut, so Daimler-Chef Ola Källenius. Die Aufspaltung sei intensiv geprüft und vorbereitet worden. Der Schritt schaffe Mehrwert für alle Seiten. „Dieser Stern leuchtet künftig zweimal, und das so hell wie nie zuvor“. Er stehe auch in Zukunft für „die besten Autos und Nutzfahrzeuge der Welt“.

Trennung kostet 700 Millionen Euro

Daimler Truck wird zukünftig etwa 100.000 Mitarbeiter haben, in der Autosparte sollen 170.000 Menschen arbeiten. Im ersten Halbjahr machte Daimler mit dem Lastwagen- und Bus-Geschäft einen Umsatz von 18,7 Milliarden Euro. Die Autosparte kam auf 55 Milliarden. Der Truck-Bereich erwirtschaftete eine Ergebnis vor Steuern und Zinsen von 1,9 Milliarden Euro, das Autogeschäft von 7,5 Milliarden Euro. Geführt wird der Konzern für Autos und Vans vom bisherigen Daimler-Chef Källenius. Der bisherige Leiter der Lastwagen-Sparte Martin Daum soll dem neuen Truck-Unternehmen vorstehen. Die Aufspaltung wird den Konzern nach Angaben von Finanzvorstand Harald Wilhelm rund 700 Millionen Euro kosten. Diese Einmalkosten kämen unter anderem durch die Teilung und den Aufbau des Finanzdienstleistungsgeschäfts zustande. Zudem erwarte man steuerliche Belastungen in Höhe von 400 Millionen Euro. Diese sollen aber zu einem großen Teil durch künftige steuerliche Entlastungen ausgeglichen werden, so Wilhelm auf der Hauptversammlung.

Daimler künftig anfälliger für Übernahmeversuche?

Die Aufspaltung von Daimler stieß überwiegend auf positive Resonanz. „Der alte Daimler, wie wir ihn kennen, ist damit Geschichte“, sagte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer gegenüber „ntv.de“. Der Gewinner der Aufspaltung sei die Nutzfahrzeugsparte. Die Dynamik von Daimler Trucks sei besonders in den vergangenen Monaten beeindruckend gewesen, aber Trucks hätten bei Daimler immer nur in der zweiten Reihe gestanden. „Daimler Truck muss sich jetzt an Scania und Volvo Truck messen lassen, die deutlich höhere Margen erzielen“, sagte Janne Werning von Union Investment. Truck-Chef Daum müsse jetzt „Daimler Truck aus dem Dornröschenschlaf“ holen.

Andere Experten sorgen sich hingegen um das zukünftige PKW-Geschäft. „Die Abspaltung der LKW-Sparte macht Daimler anfälliger für Übernahmeversuche“, so Ingo Speich von Deka Investment. Die neue Mercedes-Benz Group AG sei nur „ein kleiner Player im Weltautomobilmarkt“, gab Ökonom und Automobilexperte Willi Diez gegenüber der „Deutschen Presseagentur“ (dpa) zu bedenken. Mit der Trennung verschwinde „eines der erfolgreichsten, traditionsreichsten und größten deutschen Unternehmen von der Bildfläche“.