home Politik Ehemaliger Außenminister Fumio Kishida zum neuen Premierminister Japans gewählt

Ehemaliger Außenminister Fumio Kishida zum neuen Premierminister Japans gewählt

Das japanische Parlament hat den Vorsitzenden der konservativen Liberaldemokratischen Partei (LDP), Fumio Kishida, zum neuen Regierungschef gewählt. Der 64-Jährige folgt auf Yoshihide Suga, der in der vergangenen Woche nach nur einjähriger Amtszeit wegen schlechter Umfragewerte zurückgetreten war. „Ich denke, es wird ein Neuanfang im wahrsten Sinne sein“, sagte Kishida vor der Wahl. „Ich möchte die Herausforderungen mit einem starken Willen und einer festen Entschlossenheit für die Zukunft angehen“.

Neuwahl des Parlaments am 31. Oktober

INFO-BOX:
Premierminister Japans seit 1980
1980-1982: Suzuki Zenko
1982-1987: N. Yasuhiro
1987-1989: T. Noboru
1989: Uno Sosuke
1989-1991: Toshiki Kaifu
1991-1993: Miyazawa Kiichi
1993-1994: M. Hosokawa
1994: Tsutomu Hata
1994-1996: M. Tomiichi
1996-1998: R. Hashimoto
1998-2000: Keizo Obuchi
2000-2001: Yoshiro Mori
2001-2006: J. Koizumi
2006-2007: Shinzo Abe
2007-2008: Yasuo Fukuda
2008-2009: Taro Aso
2009-2010: Y. Hatoyama
2010-2011: Naoto Kan
2011-2012: Yoshihiko Noda
2012-2020: Shinzo Abe
2020-2021: Yoshihide Suga
seit 2021: Fumio Kishida
Kishida ist der 100. Ministerpräsident des Landes. Unter dem früheren rechtskonservativen Ministerpräsident Shinzo Abe war Kishida lange Jahre Außenminister. Ende September wurde er zum neuen Vorsitzenden der regierenden LDP gewählt. Seine Wahl zum Ministerpräsidenten hatten Experten daher bereits erwartet. Kishida will noch heute sein Kabinett vorstellen, die neue Regierung soll ebenfalls noch am Montag vereidigt werden. Bis auf das Außen- und das Verteidigungsministerium besetzte der neue Regierungschef alle Posten neu, trug dabei aber den Machtverhältnissen in der LDP Rechnung. So bleibt Toshimitsu Motegi Außenminister, der bereits einige wichtige Handelsabkommen für Japan ausgehandelt hat. Verteidigungsminister bleibt Nobuo Kishi, ein Bruder des ehemaligen Regierungschefs Abe. Kritiker sehen in Kishidas Kabinett, dem nur drei Frauen angehören, daher eher ein Zeichen von Kontinuität statt Aufbruch. Die Börse in Tokio reagierte nach der Vorstellung mit fallenden Kursen.

Eine der neuen Ministerinnen wird Seiko Noda, die zuvor ebenfalls LDP-Parteichefin werden wollte. Sie soll sich in der männerdominierten Gesellschaft des Landes nun um die Gleichstellung der Geschlechter und Japans Geburtenmangel kümmern. Taro Kono, größter Rivale im Rennen um den LDP-Parteivorsitz, wurde zum Kommunikationschef der Regierungspartei herabgestuft. Zuvor war für die Impfkampagne gegen das Coronavirus zuständig. Seine Nachfolgerin wird Noriko Horiuchi. Kishida soll seine Partei nun in den Wahlkampf zur Parlamentswahl führen, die noch in diesem Jahr stattfinden soll. Japanische Medien erwarten, dass der neue Regierungschef das Unterhaus zum 14. Oktober auflöst und Neuwahlen für den 31. Oktober ansetzt. Bei diesen gilt die LDP zwar als Favorit, könnte jedoch Sitze im Parlament einbüßen, da viele Japaner unzufrieden mit der Corona-Politik der Regierung sind. Inzwischen sind die Infektionszahlen im Land angesichts der jetzt hohen Impfrate allerdings stark rückläufig. Der Notstand wurde vor wenigen Tagen aufgehoben.

Kishida gilt als Zögling von Ex-Premier Shinzo Abe

Generell steht die neue japanische Regierung vor großen Herausforderungen. Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft stark beeinträchtigt. Hierfür kündigte Kishida bereits eine weitere gigantische Konjunkturspritze in Höhe von umgerechnet mehreren Hundert Milliarden Euro an. Auch die aggressiv gelockerte Geldpolitik soll bestehen bleiben. Zwar will der neue Premier einen „neuen Kapitalismus“, der die Einkommensunterschiede zwischen Arm und Reich verringern soll. Beobachter erwarten jedoch, dass der Konservative letztlich nicht groß von den Weichenstellungen seines Vorgängers und Mentors Abe abweichen dürfte, der weiter großen Einfluss besitzt. Außenpolitisch haben sich in jüngster Vergangenheit die Beziehungen mit Süd- und Nordkorea sowie China verschärft. Der Regierungschef will das Verteidigungsbudget aufstocken und Japans Verteidigungskapazitäten ausbauen. Er unterstützt wie seine Vorgänger die enge Sicherheitsallianz mit der Schutzmacht USA. Zugleich will er auch mit anderen demokratischen Partnerstaaten in Europa und Asien einen Gegenpol zum wachsenden Machtstreben Chinas in der Region schaffen.