Der Ende Januar aus der AfD ausgetretene langjährige Parteichef Jörg Meuthen hat sich der Deutschen Zentrumspartei (DZP) angeschlossen. Die Partei stehe für das, was der deutschen Politik derzeit schmerzlich fehle. Sie stehe für Aufklärung, ein klares Wertefundament und eine unideologische bürgerliche Vernunft, sagte der 60-Jährige am Freitag in Berlin.
Zentrum soll keine AfD 2.0 werden
Zudem versicherte Meuthen: „Für radikales oder extremistisches Gedankengut gab es in der Zentrumspartei noch nie einen Platz. Und das wird auch bis in alle Zukunft so bleiben“. Das Zentrum werde definitiv nicht zu einem Sammelbecken ehemaliger AfD-Mitglieder werden. „Eine AfD 2.0 wird es mit mir nicht geben“, so Meuthen. Er freue sich ungemein auf seine Aufgabe und wolle als Repräsentant seiner neuen Partei sein Mandat im Europaparlament weiter wahrnehmen. Er habe bei der Zentrumspartei hochinteressante Menschen kennengelernt, die seinem Weltbild auch entsprechen. Dies sei zuletzt bei der AfD nicht mehr so gewesen. Er selbst sei ein religiöser Mensch „mit einem klaren Gottesbezug, und ich halte den Gottesbezug auch für vernünftig“. Auch Führungsaufgaben in der DZP könne er sich in Zukunft vorstellen.
Radikale Kampagnen gegen Abtreibung
Deutsche Zentrumspartei |
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Die Deutsche Zentrums-partei entstand 1870 als Interessenvertretung der katholischen Bevölkerung und spielte bis zur Weimarer Republik eine große Rolle im deutschen Parlamentarismus. Auch der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer war Zentrums-Mitglied. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor die Partei jedoch rasch an Einfluss, weil sich ein großer Teil ihrer Basis der neu gegründeten CDU zuwandte. |
Bundesgeschäftsführer Hans-Joachim Woitzik gab die aktuelle Mitgliederzahl der Partei mit gut 500 an. Anfang des Jahres habe diese noch bei 300 gelegen. Durch den Beitritt Meuthens gehe man davon aus, dass sich die dynamische Mitgliederentwicklung weiter fortsetze. Der Parteivorsitzende Christian Otte gab bekannt, dass die DZP im Herbst bei der Landtagswahl in Niedersachsen antreten wolle. „Weitere Ausrufezeichen“ wolle man dann bei der Europawahl 2024 und der Bundestagswahl 2025 setzen. Seinen Angaben zufolge hat die Zentrumspartei die Wählerklientel von Union und FDP, aber auch konservative Sozialdemokraten im Visier.
Aufgefallen war die Partei zuletzt vor einigen Jahren mit radikalen Kampagnen gegen Abtreibungen. Diese radikalen Ansichten teile die Partei heute nicht mehr, erklärte Otte. Auch Meuthen pflichtete dem bei. Die Abtreibungskritik habe die Partei hinter sich gelassen. Er persönlich sehe keinen Änderungsbedarf beim Recht auf Schwangerschaftsabbrüche.
Potential durch enttäuschte Wähler der Volksparteien
Die beiden ehemaligen AfD-Mitglieder Meuthen und Witt sollten dabei helfen, die Zentrumspartei „in eine erfolgreiche Zukunft“ zu führen, so Otte. Er sprach von einer personellen und programmatischen Modernisierung seiner Partei. Meuthen ergänzte, die hohen Zahlen von Nichtwählern zeigten, dass es ein großes Potential enttäuschter einstiger Anhänger von Union und SPD gebe. Natürlich wisse er, dass auch in der AfD „viele auf gepackten Koffern sitzen“. Eine Aufnahme ehemaliger AfD-Mitglieder sei aber nur „in homöopathischen Dosen“ vertretbar. Es werde generell eine Einzelfallprüfung stattfinden. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Norbert Kleinwächter, der in einer Woche auf einem AfD-Bundesparteitag für den Parteivorsitz kandidieren will, kommentierte Meuthens Eintritt in die Zentrumspartei mit der Bewertung, dies sei „kein Erfolgsmodell“. Es bringe nichts, „alte Strukturen aufzuwärmen“.