home Politik Ehemaliger AfD-Vorsitzender Jörg Meuthen aus Partei ausgetreten

Ehemaliger AfD-Vorsitzender Jörg Meuthen aus Partei ausgetreten

Nach einem langen internen Machtkampf hat der langjährige Vorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Jörg Meuthen, am Freitag der Partei den Rücken gekehrt. Er werde sein Amt als AfD-Bundessprecher niederlegen und aus der Partei austreten, sagte Meuthen. Zuvor hatten WDR, NDR und das ARD-Hauptstadtstudio darüber berichtet. Meuthen sprach von einer Niederlage im Machtkampf mit dem formal aufgelösten rechtsextremen Flügel um die Ausrichtung der AfD.

Meuthen: „Ganz klar totalitäre Anklänge“

Zudem verband der 60-Jährige seinen Parteiaustritt mit scharfer Kritik am Zustand seiner Partei. „Das Herz der Partei schlägt heute sehr weit rechts und schlägt eigentlich permanent hoch“. Er selbst sei mit seinem Einsatz für einen anderen Weg gescheitert. Teile der Partei stünden „nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung“. Im Gegenteil, er sehe „ganz klar totalitäre Anklänge“. Gerade in der Corona-Politik habe die AfD etwas Sektenartiges entwickelt. Eine Zukunft für die AfD sehe er allenfalls noch als ostdeutsche Regionalpartei. Der AfD-Bundesvorstand drückte sein Bedauern über Meuthens Rücktritt aus. „Wir bedanken uns für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren und den Einsatz von Jörg Meuthen für die Weiterentwicklung der AfD als einzige Oppositionspartei in Deutschland“, heißt es darin.

Verlust der Immunität wegen Spendenaffäre?

Sein Mandat im Europaparlament als Abgeordneter der rechtspopulistischen Fraktion „Identität und Demokratie“ will Meuthen indes behalten. Er wolle sich auch weiterhin politisch betätigen, so Meuthen. Sein Parteiaustritt erfolgt einen Tag, nachdem bekannt wurde, dass der Rechtsausschuss des EU-Parlaments den Weg für Ermittlungen gegen Meuthen frei gemacht hat. Darüber berichtete zunächst das Portal t-online. Dem Beschluss muss das Parlament noch zustimmen. Dies gilt allerdings als Formsache, da das Plenum üblicherweise den Empfehlungen des Ausschusses folgt.

Hintergrund sind Ermittlungen in der AfD-Spendenaffäre, die nun auch den gelernten Volkswirt einholen. Meuthen selbst bezeichnete die Strafanzeige als „völlig lächerlich“. Zudem bestritt er, dass die Nominierung Max Ottes als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten den Ausschlag für seine Entscheidung gegeben habe. Meuthens Co-Vorsitzender Tino Chrupalla hatte den CDU-Politiker gegen den Willen Meuthens in der Partei durchgesetzt. Seine Entscheidung sei schon vor längerer Zeit gefallen und das Ergebnis eines längeren Prozesses, sagte Meuthen.

Gauland: „Bedauerliche und falsche Entscheidung“

INFO-BOX:
Alternative für Deutschland (AfD)
Die AfD wurde 2013 in Berlin gegründet. Vorsitzender und Gründungsinitiator war der Ökonom Bernd Lucke. Die zunächst als europa-skeptisch und rechtsliberal gestartete AfD wandelte sich nach der Abwahl Luckes im Sommer 2015 zu einer rechtspopulistischen Partei mit Offenheit zum Rechtsextremismus.
Homepage der AfD
Sein Verhältnis zu Chrupalla und der Partei-Vize Alice Weidel galt schon seit langem als zerrüttet. Im ARD-Interview nannte Meuthen mehrere seiner Widersacher dann auch namentlich: „Chrupalla, Weidel, Gauland, Höcke, Brandner nicht zu vergessen – die werden sich richtig freuen, dass der Meuthen nun endlich weg ist. Haben sie lange dran gearbeitet“. Einer der Kritisierter, der Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke, schrieb auf Twitter: „Ich respektiere die Entscheidung von Jörg Meuthen und wünsche ihm privat und beruflich die Zufriedenheit, die er in der Partei nicht finden konnte.“

Anders die Reaktionen von Alice Weidel und dem AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland. „Es fällt auf, dass der Parteiaustritt mit der Aufhebung der Immunität von Jörg Meuthen im Europäischen Parlament in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang steht“, erklärte Weidel. In jedem Fall zeuge es von schlechtem Stil, „nun mit Schmutz auf die Partei zu werfen, deren Vorsitzender er so viele Jahre war“.

Alexander Gauland bezeichnete Meuthens Schritt als falsch. „Ich bin menschlich tief enttäuscht von Herrn Meuthen“, sagte Gauland gegenüber der „F.A.Z“. In einer demokratischen Partei verliere ein Politiker oft Machtkämpfe und unterliege auch immer wieder in Sachfragen. „Man tritt dann aber nicht aus der Partei aus“, so Gauland. Es sei eine „sehr bedauerliche und falsche Entscheidung“ Meuthens.