home Politik, Wirtschaft Flüssigerdgas: Bau von erstem deutschen LNG-Terminal gestartet

Flüssigerdgas: Bau von erstem deutschen LNG-Terminal gestartet

Die Bundesregierung drückt beim Aufbau einer Infrastruktur zum Import von Flüssigerdgas (LNG) massiv aufs Tempo. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unterzeichnete Pachtverträge für vier schwimmende Terminals, sogenannte Floating Storage and Regasification Units (FSRU). Die erste dieser schwimmenden Plattformen soll noch bis Ende des Jahres in Wilhelmshaven in Betrieb gehen. Dort erfolgte am Donnerstag auch der erste Rammschlag für einen Anleger, an dem die LNG-Tanker festmachen sollen.

Weitere LNG-Terminals in Brunsbüttel und Stade

„Wir haben eine gute Chance, das zu schaffen, was eigentlich in Deutschland unmöglich ist: Innerhalb von etwa zehn Monaten ein LNG-Terminal zu errichten und es anzuschließen an die deutsche Gasversorgung“, sagte Habeck, der den Rammschlag von Bord eines Schiffes aus verfolgte. Begleitet wurde er von Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann. Eine zweite FSRU-Anlage soll Anfang kommenden Jahres in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) an den Start gehen. Auch im niedersächsischen Stade ist ein solches Termin geplant. Ziel ist es, die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu verringern und die Importe aus dem Land zu ersetzen.

Terminals können zukünftig auch Wasserstoff annehmen

INFO-BOX:
Flüssigerdgas
Liquefied Natural Gas (LNG) ist verflüssigtes, aufber-eitetes Erdgas, das nur etwa ein Sechshundertstel des Volumens von gasförmigem Erdgas besitzt. Dieses wird zum Transport auf bis zu -162 Grad Celsius herunter-gekühlt und so verflüssigt. Am Bestimmungsort wird es wieder in gasförmigen Zustand umgewandelt. Größte LNG-Exporteure sind Katar und Australien.
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Für den etwa 370 Meter langen Schiffsanleger müssen 150 Stahlpfähle mit einer Länge von 50 Metern in den Meeresboden gerammt werden. Das tiefgekühlte LNG aus den Tankern kann dann an Ort und Stelle erwärmt und in das Gasnetz eingespeist werden. Die geplante Infrastruktur sei auch darauf ausgelegt, in Zukunft Lieferungen von grünem Wasserstoff anzunehmen, so Habeck weiter: „Eine beschleunigte Energiewende ist das A und O für eine günstige, unabhängige und sichere Energieversorgung“. Er forderte eine Verdreifachung der Geschwindigkeit beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. „Nur wenn wir dies neben dem Aufbau von Infrastruktur für LNG mitdenken, kann Versorgungssicherheit nachhaltig gewährleistet werden“.

Bis vor Kurzem bezog Deutschland noch 55 Prozent seines Jahresbedarfs von insgesamt 90 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland. Inzwischen habe man den Anteil auf 35 Prozent reduziert, erklärte der Bundeswirtschaftsminister. Allein über das neue LNG-Terminal in Wilhelmshaven sollen künftig jährlich rund zehn Milliarden Kubikmeter Gas in die Netze strömen. Der Betrieb der vier schwimmenden Terminals erfolgt durch RWE und Uniper, mit denen der Bund jeweils Dienstleistungsverträge schließt. Dafür stehen Haushaltsmittel der Bundesregierung in Höhe von 2,94 Milliarden Euro zur Verfügung. Das Bundeswirtschaftsministerium mietet jeweils zwei Schiffe von den Anbietern Höegh und Dynagas.

Habeck warnt Deutsche Umwelthilfe vor Klage

Unterdessen stießen die Terminal-Pläne bei mehreren Umweltschutzverbänden auf erhebliche Kritik. So forderte die Deutsche Umwelthilfe einen sofortigen Baustopp. Mit dem Bau drohe die unumkehrbare Zerstörung eines Unterwasser-Biotops. Außerdem gefährde das Projekt Schweinswale, teilte der Verein mit. Die Geschäftsführerin des BUND-Landesverbandes Niedersachsen, Susanne Gerstner, kritisierte, die Behörden hätten den vorzeitige Baubeginn ohne Offenlegen der Unterlagen und ohne Beteiligung der Umweltverbände genehmigt. Die Genehmigung sei daher in keiner Weise nachvollziehbar.

Habeck warnte ausdrücklich vor einer Klage gegen die LNG-Terminals. In der Fernsehsendung „RTL Direkt“ sagte der 52-Jährige: „Sollten wir die LNG-Terminals nicht haben, und sollte das Gas nicht aus Russland kommen, ist die Versorgungssicherheit in Deutschland nicht gewährleistet“. Im Zweifel könnte eine Klage bewirken, dass Deutschland wieder abhängiger von russischen Energieimporten werde. Die Deutsche Umwelthilfe habe viel für Deutschland getan, eine Klage sei jedoch der falsche Weg. Direkt an den Verein gewandt sagte Habeck: „Das solltet ihr nicht tun an dieser Stelle“. Zudem habe er schon während seiner politischen Arbeit in Schleswig-Holstein zusammen mit der Fischerei großen Anstrengungen unternommen, die Wale zu schützen. „Ich liebe Schweinswale, ich komme von der Küste“, so Habeck. Und weiter: „Ich bin der größte Schweinswal-Fan in der Bundesregierung“.