Trotz persönlicher Drohungen gegen Abgeordnete und Widerspruchs aus der Türkei hat der Bundestag heute eine Armenien-Resolution verabschiedet, die den 1915 durch das Osmanische Reich an bis zu 1,5 Millionen Armeniern begangenen Massenmord als Völkermord einstuft. Die türkische Regierung reagierte darauf deutlich verstimmt.
1. Lammert verurteilt Drohungen gegen Abgeordnete
2. Türkischer Botschafter Karslıoğlu abberufen
Lammert verurteilt Drohungen gegen Abgeordnete
Völkermord an den Armeniern |
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Der Völkermord an den Armeniern war einer der ersten systematischen Genozide des 20. Jahrhunderts. Er geschah während des Ersten Weltkrieges unter Verantwortung der jungtürkischen, vom Komitee für Einheit und Fortschritt gebildeten Regierung des Osmanischen Reichs. |
Die einzige Abgeordnete, die sich gegen die Resolution aussprach, war die sächsische CDU-Politikerin Bettina Kudla. In einer Stellungnahme auf ihrer Homepage lehnte sie diese unter anderem deshalb ab, weil die Bewertung historischer Ereignisse nicht Aufgabe des Bundestags sei. Gleichzeitig wies sie auf mögliche finanzielle Folgen und erwartbare Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit der Türkei hin, was den Vollzug des Flüchtlingsabkommens behindern könnte.
Türkischer Botschafter Karslıoğlu abberufen
Anlass zu diesen Befürchtungen hatte die türkische Regierung im Vorfeld selbst gegeben, indem man mehrfach vor der Verabschiedung warnte und mit einer Verschlechterung der Beziehungen zu Deutschland drohte. Zuletzt hatte der neue Regierungschef Binali Yildirim die Resolution als „lächerlich“ bezeichnet. Als unmittelbare Reaktion auf die Entscheidung des Bundestags berief die Türkei ihren Botschafter aus Berlin ab. Dieser werde noch am Donnerstagnachmittag Deutschland verlassen, hieß es in türkischen Medien. Gleichzeitig wurde der Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Ankara einbestellt. Auf Twitter erklärte der Regierungssprecher Numan Kurtulmus die Resolution für „null und nichtig“. Sie sei auf Basis „verzerrter und gegenstandsloser Unterstellungen“ verabschiedet worden und ein historischer Fehler. Positive Stimmen kamen derweil aus Armenien, wo man die Resolution als wichtigen Beitrag wertete. Die Türkei müsse sich nach 101 Jahren ihrer Geschichte stellen, erklärte der armenische Außenminister Edward Nalbandian.