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Berliner Logistiker Zeitfracht will Adler Modemärkte übernehmen

Die insolvente deutsche Modekette Adler hat offenbar einen neuen Eigentümer gefunden. Wie das Unternehmen jetzt mitteilte, will die Berliner Logistikgruppe Zeitfracht Adler übernehmen und mit dem dringend benötigten frischen Kapital versorgen. Man sei „in fortgeschrittenen Verhandlungen“ über ein verbindliches Übernahmeangebot, erklärte Adler Modemärkte. Die Aktionäre sollen nach dem Insolvenzplan jedoch leer ausgehen.

Bisherige Adler-Aktien werden „vollständig wertlos“

INFO-BOX:
Adler Modemärkte
Adler wurde 1948 von Wolfgang Adler gegründet und hat seinen Sitz in Haibach im Landkreis Aschaffenburg. 1982 verkaufte Wolfgang Adler sein Unternehmen an die Asko Deutsche Kaufhaus AG, die 1996 der Metro AG angeschlossen wurde. Metro verkaufte Adler 2009 an den Finanzinvestor BluO. 2013 ging die Mehrheit an dem Unternehmen an den Großaktionär Steilmann-Gruppe. 2019 setzte Adler rund 495,4 Millionen Euro um und beschäftige Ende September 2020 etwa 3.350 Mitarbeiter. Derzeit betreibt die Kette 171 Modemärkte in Deutsch-land, Österreich, der Schweiz und Luxemburg.
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„Dieser Schritt wird ein wichtiger Meilenstein für die Sanierung des Unternehmens sein“, betonte die Modekette. Adler befindet sich wegen der Folgen der Corona-Pandemie seit Anfang des Jahres in einer Insolvenz in Eigenverantwortung. Vor rund einem Monat erhielt die Modekette zudem nach langem Ringen einen Kredit in Höhe von zehn Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Dass Adler einen Investor sucht, hatte man allerdings schon bei der Bekanntgabe der Insolvenz veröffentlicht. Die Annahme eines Angebots der Zeitfracht Logistik Holding GmbH setzt allerdings voraus, dass das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Adler geht davon aus, dass dann bereits am 1. Juli eine entsprechende Investorenvereinbarung unterzeichnet werden kann. Ziel sei es, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Insolvenzplan bei Gericht einzureichen. Ende Juli will das Modeunternehmen diesen den Gläubigern zur Abstimmung vorlegen.

Für die Anleger, die Adler-Aktien halten, kommt die Nachricht allerdings einem Desaster gleich. Durch den Einstieg des Investors werden die bisherigen Aktien „aller Voraussicht nach vollständig wertlos“, wie es in der Mitteilung hieß. In der Folge stürzte die Adler-Aktie am Dienstag um fast 80 Prozent auf nur noch 29 Cent ab. Der Insolvenzplan wird voraussichtlich einen Kapitalschnitt in Form einer Herabsetzung des Grundkapitals der Adler Modemärkte AG auf Null sowie eine anschließende Zuführung neuen Eigenkapitals in Form einer Kapitalerhöhung durch die Investoren vorsehen. Diese würden damit alleinige Aktionäre von Adler.

Trotzdem ist das Zeitfracht-Angebot wohl alternativlos. Es sei „die Chance für einen erfolgreichen Neuanfang für Adler. Wir freuen uns für die großartigen Mitarbeiter*innen und unsere Kunden, die uns auch in sehr schwierigen Zeiten die Treue gehalten haben“, erklärte Unternehmenschef Thomas Freude. Vor der Pandemie hatte Adler nach eigenen Angaben keinerlei Bankverbindlichkeiten. Auf den Online-Handel in großem Stil umzustellen, war keine Option. Die Kernzielgruppe der Modekette (50 plus) kaufe lieber in einem Laden ein als im Internet, so Freude.

Zeitfracht kaufte 2019 Air Berlin-Tochter

Wie Zeitfracht den Deal finanzieren will, gab das Unternehmen bisher nicht bekannt. Der Logistiker ist einer der Gründer des Paketdienstes DPD und erfuhr 2019 größere Aufmerksamkeit, als man im Zuge der Air Berlin-Insolvenz deren Tochter Luftfahrtgesellschaft Walter (LGW) kaufte. Diese musste im Zuge der Corona-Krise 2020 aber ebenfalls den Betrieb einstellen. Auch der insolvente Buchgroßhändler KNV gehört seit zwei Jahren zum Zeitfracht-Portfolio. In der Textilbranche waren die Berliner allerdings bisher nicht aktiv. Ein Unternehmenssprecher erklärte dazu: „Zeitfracht hat sich für ein Unternehmen entschieden, dass sehr stark in der Logistik als auch in der Bekleidungsbranche tätig ist. Es passt und erweitert unser Handelsportfolio“.