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Abschied von der Queen: Barbados jetzt parlamentarische Republik

Barbados hat sich zum 55. Unabhängigkeitstag eine neue Staatsform verpasst. Die Karibikinsel sagte sich von der britischen Monarchie los und erklärte sich zur parlamentarischen Republik. Im Beisein des britischen Thronfolgers Prinz Charles wurde in der Nacht zum Dienstag die königliche gelbe Flagge zusammengefaltet und die 72-jährige Richterin Sandra Mason feierlich als erste Präsidentin und neues Staatsoberhaupt von Barbados vereidigt. Der britische Thronfolger zeigte sich bei seiner Ansprache in Bridgetown, der Hauptstadt der 285.000 Einwohner-Insel „tief bewegt“, dass er Gast bei den Feierlichkeiten sein dürfe.

Generalgouverneurin Mason zur Präsidentin gewählt

INFO-BOX:
Barbados
Barbados hat eine Fläche von 430 km² und liegt als Teil der Kleinen Antillen im Atlantik. Den Namen Barbados („die Bärtigen“) erhielt die Insel 1536, als sich der portugiesische Entdecker Pedro Campos durch die frei herab-hängenden Wurzeln der Feigenbäume an Bärte erinnert fühlte. Barbados‘ Wirtschaft fußte schon ab den 1640er-Jahren auf der Produktion von Rohrzucker. Bis ins 20. Jahrhundert hinein blieb die Insel stark von der Zucker-, Rum- und Sirup-Produktion abhängig. Erst in den 1990er-Jahren übernahmen Tourismus-industrie und Handwerk-produktion die wirtschaft-liche Vormachtstellung.
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Barbados ist schon seit dem 30. November 1966 unabhängig von Großbritannien, blieb aber weiter Teil des Commonwealth. Dies ist ein Verbund aus diversen, heute souveränen Staaten, die einst britischer Herrschaft unterlagen. Dazu gehören beispielsweise Australien, Kanada oder Neuseeland. Im Oktober hatte Barbados den Bruch mit der britischen Krone verkündet. „Es ist an der Zeit, unsere koloniale Vergangenheit vollständig hinter uns zu lassen“, hieß es von Premierministerin Mia Mottley damals in der jährlichen „Thronrede“. Vorgelesen wurde diese von Mason in ihrer damaligen Funktion als Generalgouverneurin des Inselstaates, also als Vertreterin der Königin. Mottley bleibt auch weiterhin Regierungschefin, während Mason vom Parlament in das neue geschaffene Amt der Präsidentin gewählt wurde.

Nicht dabei bei den Feierlichkeiten war die Statue des britischen Admirals Horatio Nelson. Sie hatte rund 200 Jahre auf dem Platz der Nationalhelden in der Inselhauptstadt gestanden. 2020 hatte die Regierung die Statue inmitten von Protesten gegen Rassismus und Kolonialismus von dem zentralen Platz entfernen lassen. „Wenn wir nicht wissen, wer wir sind; wenn wir uns nicht darüber im Klaren sind, wofür wir kämpfen wollen, dann sind wir dazu verdammt, wieder ausgebeutet und kolonialisiert zu werden“, erklärte Premierministerin Mottley.

Und auch der britische Thronfolger fand zur Kolonialzeit deutliche Worte. „Aus den dunkelsten Tagen unserer Vergangenheit und der entsetzlichen Grausamkeit der Sklaverei, die unsere Geschichte für immer befleckt, haben sich die Menschen dieser Insel mit außerordentlicher Tapferkeit ihren Weg gebahnt. Emanzipation, Selbstbestimmung und eine eigene Regierung waren Ihre Meilensteine. Freiheit, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung waren Ihre Wegweiser“. Auch wenn sich nun einiges ändere, werde manches gleich bleiben. Etwa die „enge und vertrauensvolle Partnerschaft“ und die gemeinsamen Werte. Ebenfalls bei der Zeremonie anwesend war Popstar Rihanna. Mottley verkündete, dass die barbadische Sängerin, die auch Sonderbotschafterin ihres Landes ist, in den Orden der Nationalhelden aufgenommen werde.

„Little England“: Forderungen nach Reparationen

Der englische Kapitän John Powell beanspruchte die unbewohnte Insel 1625 für die englische Krone. Schon 100 Jahre zuvor hatten portugiesische Eroberer die Ureinwohner vertrieben. 1627 kamen die ersten englischen Siedler nach Barbados, das wegen seines starken Einflusses britischer Kultur auch „Litte England“ genannt wird. Schon bald bereicherten sie sich am Zuckeranbau durch afrikanische Sklaven. In seinem Buch „Die erste Gesellschaft schwarzer Sklaven“ von 2016 beschrieb der barbadische Historiker Hilary Beckles die Insel zwischen 1636 und 1876 als „die systematisch gewalttätigste, brutalste und rassistisch unmenschlichste Gesellschaft der Neuzeit“.

Wegen dieser Vorgeschichte gibt es auf Barbados zahlreiche Forderungen nach Reparationen und Stimmen gegen den Besuch von Prinz Charles, wie der Aktivist Suleiman Bulbulia am Montag im britischen „Guardian“ schrieb. Nach dem Londoner Unterhaus in Westminster und dem House of Assembly in Bermuda ist das Parlament in Barbados das drittälteste der heutigen Commonwealth-Länder. Zuletzt hatte sich 1992 mit Mauritius ein Mitglied des Staatenbundes von der Monarchie losgesagt.