home Panorama, Wirtschaft Brauereien schlagen Alarm: Corona-Krise lässt Bierabsatz auf historisches Tief fallen

Brauereien schlagen Alarm: Corona-Krise lässt Bierabsatz auf historisches Tief fallen

Die Corona-Pandemie setzt den Brauereien in Deutschland heftig zu. Im vergangenen Jahr sank der Bierabsatz wegen der Feierverbote und der monatelang geschlossenen Gastronomie auf den historisch niedrigen Wert von 8,7 Milliarden Liter. Dies teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Der mengenmäßige Rückgang um 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr zeige jedoch den Ernst der Lage nur sehr unzureichend, klagte der Brauer-Bund. Vor allem kleinere Betriebe müssten längst ums Überlegen kämpfen. Größere Brauereien profitierten hingegen vom gestiegenen Flaschenbierverkauf im Einzelhandel.

Brauereien: Umsatzminus von durchschnittlich 23 Prozent

„Die Situation der deutschen Brauwirtschaft ist dramatisch und in der Nachkriegszeit ohne Beispiel“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele. Laut Verbandsumfrage erlitten die Brauereien 2020 ein Umsatzminus von durchschnittlich 23 Prozent. „Der mehrmonatige Lockdown der Gastronomie, das Verbot von Veranstaltungen und der Kollaps wichtiger Auslandsmärkte hat die Brauwirtschaft schwer getroffen“. Mit den Lockdowns und dem dadurch ausgelösten Zusammenbruch des Fassbiermarktes hätten die Brauereien von einem Tag auf den anderen einen großen Teil ihrer wirtschaftlichen Basis verloren. Ware im Millionenwert musste vernichtet werden. Mehr als 1.400 Unternehmen hat der Verband bundesweit gelistet, die meisten verkaufen ihr Bier ausschließlich im engen Umkreis um ihre Braustätte. „Die merken jedes ausgefallene Volksfest“, so Eichele. Die große Pleitewelle sei zwar noch ausgeblieben. Doch das Problem verschärfe sich durch die anhaltende Corona-Sperre für Bars, Kneipen und Restaurants von Tag zu Tag.

Karnevals-Ausfall könnte 2021 alles noch verschlimmern

INFO-BOX:
Die beliebtesten
Biermarken Deutschlands
1. Beck's
2. Krombacher
3. Warsteiner
4. Bitburger
5. König Pilsener
6. Veltins
7. Erdinger
8. Paulaner
9. Oettinger
10. Radeberger
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So verzeichnet beispielsweise die Darmstädter Privatbrauerei der Familie Koehler durch ausgefallene Veranstaltungen für das vergangenen Jahr einen Verlust von 1,1 Millionen Euro statt eines erwarteten Gewinns von 200.000 Euro. „Wir werden acht, neun Jahre brauchen, um das wieder aufzuholen. Da muss man sich schon fragen, wie lange das noch so gehen kann“, sagte Seniorchef Wolfgang Koehler. Durch den erhöhten Flaschenbierabsatz traf die Corona-Krise die Branchengrößer weit weniger. Das Fachportal „Inside“ sieht bei bekannten Marken (siehe auch Info-Box) wie Krombacher (-4,8 Prozent), Oettinger (-1,5 Prozent) oder Veltins (-3,5 Prozent) vergleichsweise kleine Mengenverluste. Stärker traf es da schon Warsteiner (-16,2 Prozent) oder Bitburger (-8 Prozent).

Von diesen Zahlen könne man nur träumen, so Christian Kerner vom Kölner Brauereiverband. In der Domstadt verkaufen die Gasthäuser traditionell einen Großteil ihres Kölsch direkt über die Tresen der Gaststätten. Man versuche bereits, durch Sonderangebote für Flaschenbier und Hauslieferungen gegenzusteuern. Dies fange aber die Verluste durch den fehlenden Fassbierverkauf und Großveranstaltungen im Stadion oder der Köln-Arena nicht auf. Und durch den Ausfall der Karnevals-Saison könnte 2021 alles noch schlimmer werden.

Insolvenz-Angst: Brauereiverband fordert weitere Hilfen

Veltins-Chef Michael Huber rechnet für das ganze Jahrzehnt mit Corona-bedingten Betriebsausgaben bei der Konkurrenz. Zwar habe der Bund aktuell mit Steuerstundungen und Ausgleichsmaßnahmen für angeschlossene Gastronomiebetriebe umfassend Sorge getragen, dass die wirtschaftlich schwierige Situation abgemildert wurde. „Für viele Regionalbrauer wurde augenfällig, wie instabil sich ihre Marktposition mit schwindender Liquidität entwickelt hat“. Der Brauerbund verlangt daher weitere Hilfen. Man habe zwar für die Gastronomie weitreichende Hilfsmaßnahmen entwickelt. Aber die „1.500 überwiegend handwerklichen und mittelständischen Brauereien als direkt Betroffene gehen jedoch bis auf wenige Ausnahme leer aus“, erklärte Eichele. Jede Woche gerieten mehr Brauereien unverschuldet in existenzielle Not. „Wenn Bund und Länder hier nicht gezielt und entschieden gegensteuern, droht vielen Brauereien die Insolvenz“.