In Malawi ist die erste Polio-Infektion auf dem afrikanischen Kontinent seit mehr als fünf Jahren entdeckt worden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte am Freitag mit, dass bei einem Kleinkind in der Hauptstadt Lilongwe ein Fall des Polio-Wildvirus Typ 1 festgestellt wurde. Die WHO ergreife „dringende Maßnahmen, um eine mögliche Ausbreitung des Virus zu verhindern“, erklärte die WHO-Regionaldirektorin für Afrika, Matshidiso Moeti. Sie zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass die Gesundheitsbehörden wegen ihrer Erfahrungen mit früheren Ausbrüchen und der hohen Wachsamkeit auf dem Kontinent „rasch reagieren und Kinder vor den schwächenden Auswirkungen dieser Krankheit schützen“ könnten.
Polio nur in Pakistan und Afghanistan noch endemisch
Poliomyelitis (Polio) |
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Die Infektionskrankheit Poliomyelitis wird durch ein akut ansteckendes Virus ausgelöst, das das Rückenmark angreift und besonders bei Kleinkindern dauerhafte Lähmungen hervorrufen kann. Verbreitet wird das Virus oft über verunreinigtes Wasser. Eine Heilung für Polio gibt es bisher nicht. |
Der Staat hatte 1992 seinen letzten Polio-Fall verkündet und gilt seit dem Jahr 2005 als komplett Polio-frei. Die WHO hatte den afrikanischen Kontinent im August 2020 offiziell für Polio-frei erklärt, nachdem alle Wildformen ausgerottet waren und sich nicht mehr auf dem Kontinent verbreiteten. Nur in Pakistan und Afghanistan kommt die „Kinderlähmung“ derzeit noch endemisch vor. „Solange es Polio noch irgendwo auf der Welt gibt, haben alle Länder das Risiko, dass Polio wieder importiert wird“, sagte Moeti. Nun müsse man alles tun, dass sich die Krankheit nicht weiter in Malawi verbreiten könne. Im vergangen Jahr wurden der WHO weltweit nur fünf Fälle gemeldet. Daher stuft die Weltgesundheitsorganisation jeden Fall als „signifikantes Ereignis“ ein.
Pakistan mit Erfolgen durch neue Impfstrategie
In Pakistan war zuletzt die Hoffnung gestiegen, Polio auszurotten. Ende Januar hatten die Behörden bekanntgegeben, dass binnen eines Jahres kein neuer Polio-Fall aufgetreten sei. Der Meilenstein markierte einen großen Erfolg im Kampf des Landes gegen die Krankheit. Im Jahr 2020 hatte man 84 und ein Jahr zuvor noch fast 150 Fälle verzeichnet. Die WHO hatte die Fortschritte Pakistans zuletzt begrüßt, jedoch gleichzeitig davor gewarnt, dass eine vollständige Ausrottung noch Zeit benötige.
Offizielle Stellen in dem Land mit 220 Millionen Einwohnern führen die jüngsten Erfolge auf eine geänderte Impfstrategie zurück. Man habe zuletzt mehr auf Kinder in jenen Gebieten des Landes abgezielt, in denen Eltern den Impfstoff ablehnten. Militante Islamisten streuen dort immer wieder Gerüchte, die Impfungen würden die Kinder unfruchtbar machen. Aber auch Bewegungsbeschränkungen während der Corona-Pandemie und eine verbesserte Hygiene hätten zu den jüngsten Erfolgen beigetragen.
Taliban lassen Impfteams in zuvor abgeriegelte Gebiete
In Afghanistan gab es in diesem Jahr nach Angaben der Global Polio Eradication bisher einen Polio-Fall mit dem Wildtyp. 2021 waren es vier und damit nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) die niedrigste jemals registrierte Zahl an Polio-Fällen in dem Land. Zuletzt konnten in Afghanistan auch wieder mehr Impfungen gegen die Krankheit durchgeführt werden, da Impfteams nun auch in früher unzugänglichen Gebieten tätig sein können. Vor dem Fall der Regierung und der Machtübernahme der radikal-islamistischen Taliban hatte diese aus Sorge, die Impfhelfer spionierten für die Regierung oder den Westen, die Helfer nicht in die von ihnen kontrollierten Gebiete gelassen. Durch die landesweiten Impfkampagnen im November und Dezember haben laut UNICEF 2,6 Millionen Kinder erstmals seit drei Jahren eine Impfung gegen Polio erhalten.