home Panorama, Wirtschaft Bio-Flugbenzin: BP stellt im Emsland Kerosin mit Frittenfett her

Bio-Flugbenzin: BP stellt im Emsland Kerosin mit Frittenfett her

Der britische Mineralöl- und Energiekonzern BP stellt im emsländischen Lingen jetzt Flugzeugsprit mit geringen Anteilen aus Speisefett-Resten her. Die Biorohstoffe stammen beispielsweise aus Gastronomiebetrieben und Kantinen. Es handelt sich dabei um gebrauchte und übrig gebliebene Fette und Öle, beispielsweise aus Fritteusen, Kochrückständen oder Biomasse-Abfällen, erklärte ein Sprecher des Unternehmens.

Bessere Gesamt-Klimabilanz durch SAF

Nach BP-Angaben handelt es sich bei der Raffinerie in Lingen um die erste Anlage dieser Art in Deutschland, mit der sich industriell verwertbare Mengen erzeugen lassen. Die verwendeten Fette und Öle sind meist pflanzlichen, aber teilweise auch tierischen Ursprungs. Seit Mitte Februar produziere die Anlage nachhaltigen Flugkraftstoff, sogenannten Sustainable Aviation Fuel (SAF) im „Co-Processing“-Verfahren. Dabei werden die gebrauchten Fette und Öle gemeinsam mit Rohöl in den vorhandenen Anlagen verarbeitet. Mit der Methode unterstütze BP „die Luftfahrtbranche dabei, sich zu dekarbonisieren“, hieß es in einer Mitteilung des Konzerns.

© bp.com / BP Europa SE

Die verwendeten Fette und Öle werden in einem geschlossenen Verfahren bis zum zulässigen Anteil von fünf Prozent mit den Rohöl-Kohlenwasserstoffen für das herkömmliche Kerosin kombiniert. Bei der späteren Verbrennung ist der CO2-Ausstoß des Bio-Kerosins zwar ähnlich hoch wie der des rein fossilen Flugbenzins. Weil aber die Fettkomponenten schon zuvor im Stoffkreislauf waren, soll die Gesamt-Klimabilanz besser sein.

Keine Flächenkonkurrenz zu Nahrungsmitteln

Biomassebasierten Flugkraftstoffen komme bei dieser Dekarbonisierung des Luftverkehrs eine wichtige Rolle zu, sagte Arno Appel, Vorstandsmitglied der BP Europa SE und Leiter der Lingener Raffinerie. „Denn im Vergleich zu herkömmlichem Kerosin bewirkt SAF eine signifikante CO2-Reduktion über den gesamten Lebenszyklus des Kraftstoffes“. Hinzu komme, dass anders als beim Anbau von Energiepflanzen wie Raps oder Soja für die Biosprit-Erzeugung hier das Problem der Flächenkonkurrenz zu Nahrungsmitteln nicht akut sei. „Das ist kein Thema, weil die gebrauchten Kochfette und -öle bereits im Umlauf sind“. So müssten zertifizierte Zulieferer der Biorohstoffe beispielsweise nachweisen, dass kein Palmöl enthalten ist.

Bio-Kerosin ohne technischen Umbau einsetzbar

INFO-BOX:
Kerosin
In der zivilen Luftfahrt wird heute international die Kerosin-Sorte Jet A-1 verwendet (Ausnahme USA: Jet-A). Diese besitzt einen Flammpunkt von +38°C und einen Gefrierpunkt von -47°C. In Deutschland wurden im Jahr 2015 rund 8,5 Millionen Tonnen Kerosin verbraucht.
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Fluggesellschaften können das Bio-Kerosin laut BP ohne technischen Umbau sofort einsetzen. Kunde gebe es bereits, Einzelheiten wollte man auf Nachfrage dazu nicht nennen. Langfristig will der britische Konzern mit seinem SAF einen weltweiten Marktanteil von 20 Prozent erreichen. In Deutschland und anderen Ländern gebe es hierzu allerdings noch keine Rechtssicherheit. Deshalb seien die im „Co-Processing“-Verfahren hergestellten Produkte hierzulande nicht zur Anrechnung der Treibhausgas-Quotenverpflichtung zugelassen und würden daher in andere Länder exportiert.

Erst im Oktober vergangenen Jahres hatte die damalige Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) im westlichen Niedersachsen eine andere Anlage für eine bessere Ökobilanz der Luftfahrtbranche eröffnet. Das Projekt der gemeinnützigen Klimaschutzorganisation Atmosfair in Werlte befasst sich jedoch mit der Herstellung von synthetischem Kerosin. Dieses soll am Ende komplett klimaneutral sein. Dabei reagieren Kohlenstoff aus dem CO2 der Luft oder Abfällen und Wasserstoff aus von Ökostrom gespaltenem Wasser zu „künstlichem“ Kraftstoff. Noch sind die Produktionsmengen gering. Beliefert wird als erster Kunde die Lufthansa am Flughafen Hamburg.