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„Pushback“ ist das Unwort des Jahres 2021

„Pushback“ ist das Unwort des Jahres 2021. Das gab die sechsköpfige Jury der sprachkritischen Aktion am Mittwoch im hessischen Marburg bekannt. Der aus dem Englischen stammende Begriff taucht regelmäßig im Zusammenhang mit der Zurückweisung von Flüchtlingen an Grenzen auf. Er beschönige einen Prozess der Abschiebung, der Menschen die Möglichkeit nehme, ihr Grundrecht auf Asyl wahrzunehmen, begründete die Jury ihr Urteil.

„Sprachpolizei“ landet auf dem zweiten Platz

Info-Box
Unwörter des Jahres
2006: Freiwillige Ausreise
2007: Herdprämie
2008: Notleidende Banken
2009: Betriebsrats-verseucht
2010: Alternativlos
2011: Döner-Morde
2012: Opfer-Abo
2013: Sozialtourismus
2014: Lügenpresse
2015: Gutmensch
2016: Volksverräter
2017: Alternative Fakten
2018: Anti-Abschiebe-Industrie
2019: Klimahysterie
2020: Rückführungs-patenschaften / Corona-Diktatur
2021: Pushback
2022: Klimaterroristen
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Wie das aus vier Sprachwissenschaftlern und zwei Journalisten zusammengesetzte Gremium weiter mitteilte, wurden dieses Mal rund 1.300 Vorschläge für das seit 1991 gekürte Unwort des Jahres eingereicht. Darunter seien etwa 450 verschiedene Begriffe gewesen, von denen knapp 45 den Auswahlkriterien entsprochen hätten, sagte Jury-Sprecherin Constanze Spieß. Viele der Vorschläge betrafen die Corona-Pandemie, wie die Aktion vor einigen Wochen bei einem Zwischenstandsbericht erklärt hatte. Auf den zweiten Platz kam der Begriff „Sprachpolizei“. Damit würden Personen diffamiert, die sich unter anderem für den angemessenen, gerechteren und nicht-diskriminierenden Sprachgebrauch einsetzten. Auf dem dritten Platz landeten Vergleiche mit dem Nationalsozialismus, die Impfgegnerinnen und Impfgegner im Zuge der Corona-Demonstrationen verwenden. Dazu gehören beispielsweise „Impfnazi“ oder „Ermächtigungsgesetz“ als Synonym für das Infektionsschutzgesetz.

Die Wahl zum Unwort des Jahres gibt es seit 1991. Damit will man auf „undifferenzierten, verschleiernden oder diffamierenden öffentlichen Sprachgebrauch“ aufmerksam machen. Gerügt werden Begriffe, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, die gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistisch, verschleiernd oder irreführend sind. Auf die Menge der eingegangenen Vorschläge für einen einzelnen Begriff kommt es nicht an. Mit 287 Nennungen war „Tyrannei der Ungeimpften“ der mit Abstand häufigste Vorschlag. Es folgten „illegaler Kindergeburtstag“ (71 Nennungen) und „Querdenker“ (47). Oft eingesandt wurden Begriffe wie „boostern“, „Covidiot“ oder „Pandemie der Ungeimpften“.

Wie in jedem Jahr war auch dieses Mal ein Gast-Juror an der Auswahl zum Unwort des Jahres beteiligt. Das persönliche Unwort des Journalisten Harald Schumann lautet dabei „Militärschlag“. Dies sei eine zutiefst euphemistische Bezeichnung für einen aggressiven kriegerischen Akt. Sie verschleiere, worum es wirklich gehe: Bombenangriffe und Artillerie- oder Raketenbeschuss auf Ziele, bei denen die Aggressoren skrupellos den Tod unschuldiger und zumeist auch unbewaffneter Opfer in Kauf nehmen, schrieb die Jury in ihrer Stellungnahme.

Unwort des Jahres erstmals in Marburg verkündet

Das Unwort des Jahres 2021 kam zum ersten Mal aus Marburg. Zuvor hatte man es in Darmstadt präsentiert. Der Umzug war im Zuge eines Wechsels in der Jury erfolgt. Im vergangenen Jahr wurden mit den Begriffen „Corona-Diktatur“ und „Rückführungspatenschaften“ erstmals zwei Unwörter des Jahres gekürt. Mit „Corona-Diktatur“ werden laut Jury die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie diskreditiert. Das Wort „Rückführungspatenschaften“ hingegen bezeichnet einen von der EU-Kommission vorgeschlagenen Mechanismus der Migrationspolitik, bei dem ein Mitgliedsstaat der EU einem anderen Land die Verantwortung für Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern abnimmt.

Herausragende Begriffe des Sprachgebrauchs wählen Jurys auch in anderen Votings. Die „Gesellschaft für deutsche Sprache“ etwa kürt seit 1977 regelmäßig das „Wort des Jahres“. Dabei geht es um besonders für ein Jahr prägende Begriffe. Für 2021 wählten die Sprachkritiker dabei das Wort „Wellenbrecher“. 2020 war „Corona-Pandemie“ das Wort des Jahres. Zudem gibt es die Wahl zum „Jugendwort des Jahres“, bei der im vergangenen Jahr „cringe“ als Gewinner hervorging. Das Wort bezeichnet eine peinliche Situation oder Handlungen, die Fremdscham erzeugen.