Der Bundesrat hat das größte sozialpolitische Reformprojekt der Ampel-Koalition blockiert. Der Gesetzentwurf zur Einführung des Bürgergelds verfehlte am Montag in der Länderkammer die erforderliche Mehrheit, weil Bundesländer mit Regierungsbeteiligung der Union die Zustimmung verweigerten. Die Bundesregierung hatte für diesen Fall bereits erklärt, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um einen Kompromiss zu finden.
CDU: Ampel gibt Prinzip von Fordern und Fördern auf
Die Union hatte im Vorfeld der heutigen Abstimmung angekündigt, dass die von ihr geführten oder mitregierten Länder gegen das Gesetz stimmen beziehungsweise sich enthalten würden. CDU-Generalsekretär Mario Czaja warf der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP vor, mit der Reform der Hartz-IV-Grundsicherung zum Bürgergeld das Prinzip von Fordern und Fördern aufzugeben. Es gebe keinen Druck, diese Reform im Eilverfahren durch das Parlament zu bringen, so Czaja. Das Bürgergeld soll nach einem Beschluss des Bundestages ab 1. Januar 2023 die Hartz-IV-Leistungen ablösen.
Der Bundestag hatte das Bürgergeld am Donnerstag beschlossen. Das Gesetz kann aber nur mit Zustimmung des Bundesrates in Kraft treten. Dort ist die Ampel-Koalition auf die zusätzlichen Stimmen der unionsgeführten Länder angewiesen. In der etwa einstündigen Debatte im Bundesrat sagte die baden-württembergische Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), das Bürgergeld benötige die Akzeptanz von denen, die es finanzieren. Sie kritisierte die vorgesehene Höhe des Schonvermögens und die geplanten Karenzzeiten, in denen es weniger Sanktionen gegen Arbeitslose, die ihre Mitwirkung verweigern, geben soll.
Linke sieht „politisch moralische Verwahrlosung“ bei Union
Bürgergeld |
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Die Linke verurteilte den Widerstand der CDU/CSU. „Die Union setzt ihr unwürdiges Schauspiel auf dem Rücken der Schwächsten der Gesellschaft fort“, sagte Parteichef Martin Schirdewan nach der Abstimmung. Dies sei Ausdruck einer „politisch moralischen Verwahrlosung“. Das stehe für eine Linie, die eher dem früheren US-Präsidenten Donald Trump entspreche als „anständiger klassisch-konservativer Politik“.
Erhöhung des Schonvermögens größter Streitpunkt
Die Ampelpläne zum Bürgergeld sehen unter anderem eine Erhöhung des heutigen Regelsatzes von 449 Euro für Alleinstehende auf 502 Euro vor. Arbeitslose sollen zudem weniger durch einen angedrohten Leistungsentzug (Sanktionen) unter Druck gesetzt und dafür bei Weiterbildungsmaßnahmen stärker unterstützt werden. Außerdem will man Vorgaben zur erlaubten Vermögenshöhe und zur Wohnungsgröße bei Leistungsbeziehern lockern.
CDU/CSU lehnen vor allem die geplante Erhöhung des sogenannten Schonvermögens ab. Diese finanziellen Reserven müssen Bedürftige nicht antasten, wenn sie Bürgergeld bekommen wollen. Ein Alleinstehender etwa darf für eine Karenzzeit von zwei Jahren bis zu 60.000 Euro auf der hohen Kante haben. Der Betrag steigt mit der Zahl der Haushaltsmitglieder. Einen Vorschlag der Union, die Erhöhung der Regelsätze aus dem Entwurf auszukoppeln und separat zum 1. Januar in Kraft treten zu lassen, hatten die Ampelfraktionen im Bundestag abgelehnt.