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Evangelische Kirche: Annette Kurschus zur neuen EKD-Ratsvorsitzenden gewählt

Die westfälische Präses Annette Kurschus ist zur neuen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt worden. Bei der Synode in Bremen erhielt sie am Mittwoch gleich im ersten Wahlgang die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Von 140 abgegebenen Stimmen entfielen 126 Ja-Stimmen auf Kurschus. Vier Stimmberechtigte stimmten gegen sie, zudem gab es zehn Enthaltungen. Damit führt in den kommenden sechs Jahren zum zweiten Mal in ihrer Geschichte eine Frau die EKD. Zuvor hatte bereits Margot Käßmann zwischen 2009 und 2010 für einige Monate als Ratsvorsitzende amtiert.

Sexueller Missbrauch und Klimaschutz zentrale Anliegen

INFO-BOX:
EKD-Ratsvorsitzende
seit 1945
1945-1949: Theophil Wurm
1949-1961: Otto Dibelius
1961-1967: Kurt Scharf
1967-1973: Hermann Dietzfelbinger
1973-1979: Helmut Claß
1979-1985: Eduard Lohse
1985-1991: Martin Kruse
1991-1997: K. Engelhardt
1997-2003: Manfred Kock
2003-2009: Wolfgang Huber
2009-2010: M. Käßmann
2010-2014: N. Schneider
2014-2021: Heinrich Bedford-Strohm
seit 2021: A. Kurschus
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Die 58-Jährige folgt auf Heinrich Bedford-Strohm, der seit 2014 Chef des EKD-Rates war. Der 61-jährige bayerische Landesbischof kandidierte nicht erneut für das Amt an der Kirchenspitze. Zur stellvertretenden EKD-Ratsvorsitzenden bestimmten die 128 Synodalen und die Kirchenleitungen der 20 deutschen Landeskirchen die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs. „Die Erwartungen an Kirche sind immer noch und immer neu groß“, sagte Kurschus nach der Wahl. Das zeige sich selbst in mancher Kritik. Kirche solle Hoffnung geben. „Wir haben einen großen und kostbaren Auftrag in der Welt. Die Kirche müsse einen Ton in das Leben eintragen, „den sonst niemand trägt“. Vieles sei ungewiss, „auch in unserer Kirche, aber ich bin zuversichtlich“. Sie dankte ihrem Vorgänger, der „eine starke Spur gelegt hat, an die wir anknüpfen können“. Bedford-Strohm war vor allem mit seinem Engagement für Flüchtlinge im Mittelmeer hervorgetreten.

Kurschus selbst wurde durch die Trauerfeier im Kölner Dom für die Hinterbliebenen des Germanwings-Absturzes in Frankreich 2015 bundesweit bekannt. Bei der Flugzeugkatastrophe waren 150 Menschen ums Leben gekommen. Kurschus beeindruckte in ihrer Predigt als einfühlsame Seelsorgerin. Die 1963 in Fulda geborene Pfarrerstochter studierte Theologie in Bonn, Marburg, Münster und Wuppertal und arbeitete als Pastorin. Von 2005 bis 2012 war sie Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Siegen. Ihre Wahl sei für sie „Auftrag und Ansporn zugleich“.

Als zentrales Thema für ihre Amtszeit nannte sie in einer kurzen Rede nach der Abstimmung unter anderem den Klima- und Naturschutz. Gottes Schöpfung sei „gefährdet wie nie“. Zugleich sprach sie den Missbrauch in der Kirche an und versprach den Opfern mehr Aufmerksamkeit für ihre Anliegen. Sie werde das Thema zur Chefinnensache machen. Es gehe um verbindliche Strukturen und Konzepte, damit solche Taten nicht mehr passieren können. Zugleich positionierte sich die Theologin in der Vergangenheit stets auch politisch. So sieht sie für Geistliche mit AfD-Positionen in ihrer Landeskirche keinen Platz.

Katholische Kirche will ökumenischen Weg fortsetzen

„Wir freuen uns, dass mit Annette Kurschus eine ausgezeichnete Theologin gewählt wurde, die ebenso leitungserfahren wie zugewandt ist“, sagte die Präses der EKD-Synode, Anna-Nicole Heinrich, in ihrer Gratulation. Gemeinsam mit den Mitgliedern des Rates werde die Ratsvorsitzende die Stimme der evangelischen Kirche in den drängenden gesellschaftlichen Fragen zu Gehör bringen.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, zeigte sich in seinem Glückwunschschreiben „zuversichtlich, dass wir weiter den eingeschlagenen ökumenischen Weg der Kirchen in Deutschland in guter und engagierter Weise fortsetzen werden“. Ökumene sei Weggemeinschaft. In Deutschland schauten viele Menschen besonders darauf, wie die Bischofskonferenz und die EKD diesen gemeinsamen Weg gestalteten. Zugleich würdigte Bätzing den scheidenden Ratsvorsitzenden Bedford-Strohm als „wahren Garant für die Ökumene“. Seine Amtszeit sei „ein weitsichtiger Brückenbau und eine Mittlerrolle im ökumenischen Dialog“ gewesen.

Die Ratsvorsitzende der EKD ist die oberste Repräsentantin der evangelischen Kirche. Sie vertritt damit die Interessen von rund 20,2 Millionen evangelischen Christen in Deutschland. Die oder der Vorsitzende wird während der EKD-Synode aus dem Kreis des 15-köpfigen EKD-Rats gewählt, der traditionell bereits einen Tag zuvor neu bestimmt wird. Kurschus wurde dabei vom Rat selbst als Kandidatin für das Vorsitzendenamt vorgeschlagen.