Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um seine Entlassung gebeten. Dies teilte das Geldinstitut am Mittwoch mit. Demnach bittet Weidmann darum, sein Amt Ende des Jahres niederlegen zu können. Die Entscheidung erfolge aus persönlichen Gründen, teilte Weidmann in einem Brief an die Mitarbeiter mit. „Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass mehr als 10 Jahre ein gutes Zeitmaß sind, um ein neues Kapitel aufzuschlagen – für die Bundesbank, aber auch für mich persönlich“, schrieb der 53-Jährige.
Kritik an der ultralockeren Geldpolitik der EZB
Weidmann steht seit Mai 2011 an der Spitze der Deutschen Bundesbank. Seine Amtszeit war von zahlreichen Krisen geprägt. „Das Umfeld, in dem wir operieren, hat sich massiv verändert und die Aufgaben der Bundesbank sind gewachsen. Die Finanzkrise, die Staatsschuldenkrise und zuletzt die Pandemie haben in Politik und Geldpolitik zu Entscheidungen geführt, die lange nachwirken werden. Mir war es dabei immer wichtig, dass die klare, stabilitätsorientierte Stimme der Bundesbank deutlich hörbar bleibt“, so Weidmann. Der promovierte Volkswirt hatte sich in der Vergangenheit immer wieder kritisch zu der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) geäußert. Seinen Kolleginnen und Kollegen im EZB-Rat dankte Weidmann für die offene und konstruktive Atmosphäre in den zuweilen schwierigen Diskussionen der vergangenen Jahre. Er unterstrich die „bedeutende, stabilisierende Rolle der Geldpolitik während der Corona-Krise sowie den erfolgreichen Abschluss der Strategiediskussion als wichtigen Meilenstein der europäischen Geldpolitik“.
EZB-Präsidentin Lagarde bedauert Rückzug
Bundesbank-Präsidenten seit 1958 |
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1958-1969: Karl Blessing 1970-1977: Karl Klasen 1977-1979: O. Emminger 1980-1991: Karl Otto Pöhl 1991-1993: H. Schlesinger 1993-1999: Hans Tietmeyer 1999-2004: Ernst Welteke 2004: Jürgen Stark 2004-2011: Axel A. Weber 2011-2021: Jens Weidmann |
Dennoch dankte er der EZB-Chefin in seinem Brief ausdrücklich. Es sei ihm „eine Ehre und eine Herzensangelegenheit gewesen, die Bundesbank zu führen und gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen die Positionen der Bank im Interesse einer stabilen Währung, eines stabilen Finanzsystems, stabiler Zahlungsverkehrssysteme und einer sicheren Bargeldversorgung zu gestalten“.
Lagarde erklärte nach Bekanntwerden von Weidmanns Rückzug, dass sie diesen sehr bedauere. Weidmann sei ein „guter persönlicher Freund, auf dessen Loyalität ich immer zählen konnte“. Er habe „klare Ansichten“ zur Geldpolitik vertreten, im EZB-Rat aber immer kompromissbereit nach Lösungen gesucht.
Zwei Frauen Favoritinnen für Weidmann-Nachfolge
Bezüglich der zukünftigen Herausforderungen der Bundesbank mahnte Weidmann abschließend, nicht nur „einseitig auf Deflationsrisiken“ zu schauen, sondern auch „perspektivische Inflationsgefahren“ zu beachten. Damit verweist er auf eine aktuelle Diskussion unter Ökonomen und in der Finanzbranche, wie mit der aktuell steigenden Inflation umgegangen werden müsse. Eine stabilitätsorientierte Geldpolitik werde dauerhaft nur möglich sein, wenn der Ordnungsrahmen der Währungsunion weiterhin die Einheit von Handeln und Haften sichere, die Geldpolitik ihr enges Mandat achte und nicht ins Schlapptau der Fiskalpolitik oder der Finanzmärkte gerate. „Dies bleibt meine feste persönliche Überzeugung genauso wie die hohe Bedeutung der Unabhängig der Geldpolitik“, schrieb Weidmann.
Hinsichtlich der Nachfolge von Jens Weidmann dürfen sich insbesondere zwei Frauen Hoffnungen machen. Zum einen Claudia Maria Buch, frühere Wirtschaftsweise und seit 2014 Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank. Zum anderen Isabel Schnabel, die bis 2019 ebenfalls dem Sachverständigenrat angehörte und seit 2020 Mitglied des EZB-Direktoriums ist.