home Politik, Wirtschaft Weiter steigende Inflation: Ifo-Institut rechnet mit Winterrezession

Weiter steigende Inflation: Ifo-Institut rechnet mit Winterrezession

Das Münchner Ifo-Institut hat seine Konjunkturprognose für dieses und das kommende Jahr drastisch gekappt. Im kommenden Jahr erwartet das Institut ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent, für dieses Jahr nur noch 1,6 Prozent Wachstum. „Wir gehen in eine Winterrezession“, erklärte der Leiter der Ifo-Konjunkturprognosen, Timo Wollmershäuser.

Energiepreise ziehen Anfang 2023 nochmals deutlich an

INFO-BOX:
Ifo-Institut
Das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung wurde 1949 gegründet und hat seinen Sitz in München. Es beschäftigt sich mit der Analyse der Wirtschafts-politik und erstellt monatlich den Ifo-Geschäftsklimaindex. Das Ifo-Institut ist als An-Institut mit der Ludwig-Maximilians-Universität München assoziiert. Derzeitiger Präsident ist der Ökonom Clemens Fuest.
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Die Teuerungsrate dürfte aus Sicht der Münchner Ökonomen von 8,1 Prozent im laufenden Jahr auf 9,3 Prozent im kommenden Jahr zulegen. Die Inflation für das Gesamtjahr 2022 schätzen die Forscher auf 8,1 Prozent. Im Vergleich zur vorangegangenen Prognose aus dem Juni senkte das Institut damit seine Wachstumsprognose für 2023 deutlich um vier Prozentpunkte und erhöhte die Inflationsprognose kräftig um sechs Prozent. „Das sind ungewöhnlich hohe Änderungen in einem so kurzen Zeitraum“, so Wollmershäuser. Die Kürzung der Gaslieferungen aus Russland und die folgenden drastischen Preissteigerungen verhagelten die wirtschaftliche Erholung nach Corona. „Erst 2024 erwarten wir eine Normalisierung mit 1,8 Prozent Wachstum und 2,5 Prozent Inflation“.

Die Energieversorger passten vor allem zu Jahresbeginn 2023 ihre Strom- und Gaspreise spürbar an die hohen Beschaffungskosten an. Das werde die Inflationsrate im ersten Vierteljahr sogar auf etwa elf Prozent hochtreiben. Damit gingen die realen Haushaltseinkommen kräftig zurück und die Kaufkraft sinke spürbar, schätzen die Konjunkturforscher. Das geplante Entlastungspaket der Bundesregierung dürfte dies bei Weitem nicht ausgleichen. „Der Kaufkraftverlust, gemessen am Rückgang der realen Pro-Kopf-Löhne in diesem und im kommenden Jahr um jeweils etwa drei Prozent, ist so hoch wie nie zuvor seit dem Beginn der heutigen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen im Jahre 1970“, erklärte Wollmershäuser.

Ifo-Forscher erwarten Leitzins von vier Prozent

Für den Arbeitsmarkt erwartet das Ifo-Institut jedoch keine schweren Auswirkungen. Der Beschäftigungsaufbau werde sich nur vorübergehend verlangsamen. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte im kommenden Jahr zwar um 50.000 Personen steigen. Aber das gehe vor allem auf Ukrainerinnen und Ukrainer zurück, die nur allmählich in den Arbeitsmarkt integriert würden. Im weiteren Verlauf des kommenden Jahres dürfte sich der Preisanstieg allmählich abschwächen – vorausgesetzt, im Winter steht genügend Gas zur Verfügung. So sollten die Preise spätestens ab dem Frühjahr 2023 wieder sinken.

Die Ifo-Forscher rechnen zudem mit weiteren Leitzinsanhebungen der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese hatte am vergangenen Donnerstag die bisher größte Anhebung seit der Einführung des Euro-Bargelds im Jahr 2002 vorgenommen und den Leitzins von 0,75 auf 1,25 Prozent erhöht. „Ich gehe davon aus, dass weitere Zinsschritte kommen“, sagte Wollmershäuser. Wegen der hohen Inflation rechnen die Wissenschaftler mit einem Leitzins von bis zu vier Prozent. Angesichts einer erwarteten Teuerungsrate von acht oder neun Prozent bliebe dann aber immer noch ein negativer Realzins übrig, der die Konjunktur unterstütze. „Es ist nach wie vor günstig, einen Kredit aufzunehmen“, so Wollmershäuser. „Aber es ist nicht mehr ganz so günstig, wie das bislang war“.