Liz Truss wird neue Premierministerin von Großbritannien und damit Nachfolgerin von Boris Johnson. Die Mitglieder der regierenden konservativen Partei wählten die bisherige Außenministerin mit mehr als 81.000 Stimmen zu ihrer neuen Vorsitzenden. Truss zieht damit auch in den Regierungssitz Downing Street ein. Königin Elizabeth II. wird Truss am Dienstag auf ihrem Schloss Balmoral in Schottland zur Premierministerin ernennen.
Truss verehrt „Eiserne Lady“ Margaret Thatcher
Bei der Wahl setzte sich Truss gegen den ehemaligen Finanzminister Rishi Sunak durch. Truss erhielt 57 Prozent der Stimmen, Sunak kam auf 43 Prozent. Damit wird Truss die dritte Frau an der britischen Regierungsspitze nach Margaret Thatcher und Theresa May. Es sei eine Ehre, neue Parteichefin zu sein, sagte die 47-Jährige in einer Rede unmittelbar nach der Bekanntgabe des Ergebnisses. Sie habe nun „eines der längsten Jobinterviews in der Geschichte“ bestanden. Truss bedankte sich bei Sunak und bei „meinem Freund Boris Johnson“. Dieser habe den Brexit geschafft, den früheren Labour-Chef Jeremy Corbyn besiegt, die Corona-Impfkampagne gemanagt und Wladimir Putin die Stirn geboten. Johnson, so Truss, werde „von Kiew bis Carlisle“ bewundert.
I am honoured to be elected Leader of the Conservative Party.
Thank you for putting your trust in me to lead and deliver for our great country.
I will take bold action to get all of us through these tough times, grow our economy, and unleash the United Kingdom’s potential. pic.twitter.com/xCGGTJzjqb
— Liz Truss (@trussliz) September 5, 2022
EU befürchtet Eskalation um Nordirland-Protokoll
Britische Premierminister seit 1945 |
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1945-1951: Clement Attlee 1951-1955: W. Churchill 1955-1957: Anthony Eden 1957-1963: H. Macmillan 1963-1964: A. Dougl.-Home 1964-1970: Harold Wilson 1970-1974: Edward Heath 1974-1976: Harold Wilson 1976-1979: J. Callaghan 1979-1990: M. Thatcher 1990-1997: John Major 1997-2007: Tony Blair 2007-2010: Gordon Brown 2010-2016: David Cameron 2016-2019: Theresa May 2019-2022: Boris Johnson 2022: Liz Truss ab 2022: Rishi Sunak |
Stattdessen verläuft die Zollgrenze nun durch britisches Staatsgebiet zwischen Großbritannien und Nordirland – sehr zum Unmut einiger Konservativer. Die EU-Kommission hat die Kontrollen bereits verringert, doch das reicht London nicht. In Brüssel bereitet man sich daher auf eine weitere Verschlechterung der bilateralen Beziehungen vor. „Niemand ist optimistisch“, so ein EU-Beamter. „Wir erwarten sehr holprige Monate“. Man gehe von einer Eskalation rund um den Partei der Tories im Oktober aus. Truss könnte die Auseinandersetzung mit der EU dazu nutzen, von der eigenen Wirtschaftskrise im Königreich abzulenken.
Stein des Anstoßes ist das umstrittene Nordirlandgesetz, das die Regierung in London dazu ermächtigen würde, Teile des Brexit-Vertrags außer Kraft zu setzen. Die EU-Kommission hat indes mehrfach signalisiert, dass man britische Verstöße gegen den Brexit-Vertrag nicht hinnehmen werde. Insgesamt hat sie bereits elf Vertragsverletzungsverfahren gegen Großbritannien eingeleitet, an deren Ende die Aussetzung des Freihandelsabkommens stehen könnte. Der zuständige Kommission-Vize Maros Sefcovic nannte das einseitige Vorgehen Großbritanniens beim Nordirland-Protokoll einen „klaren Völkerrechtsbruch“.
Oberhaus könnte Gesetz noch entscheidend ändern
Das britische Unterhaus hatte das Nordirlandgesetz noch vor der Sommerpause durchgewunken. Nun debattiert das Oberhaus über den Entwurf und könnte noch erhebliche Änderungen daran vornehmen. Traditionell stellen sich die gewählten Lords aber den Abgeordneten nicht vollkommen in den Weg. Niemand wolle einen Handelskrieg, erklärte die französische EU-Abgeordnete Nathalie Loiseau. Doch wenn Truss sich falsch entscheide, werden man „die Interessen unserer Bürger verteidigen“.